Menzel

[116] Menzel (Wolfgang), Doctor der Philosophie, seit 1825 als Herausgeber des in Stuttgart erscheinenden Literaturblatts einer der vorzüglichsten Wortführer in deutschen Literaturangelegenheiten, ist zu Waldenburg in Schlesien 1798 geboren, kam erst 1814 auf ein breslauer Gymnasium und setzte seit 1818 in Jena und Bonn seine höhere wissenschaftliche Ausbildung fort. Im J. 1820 ging er nach der Schweiz, wo sich Zschokke seiner besonders annahm, wurde an der Stadtschule zu Aarau erster Lehrer und zog zuerst durch seine »Streckverse« (Heidelb. 1823) und die »Europ. Blätter« (Zürich 1824) die Augen der literarischen Welt auf sich, welche die in den ersten dargelegten lebensfrischen und geistreichen, mit Witz und Gewandtheit ausgesprochenen Ansichten mit Beifall aufnahm, sein Auftreten gegen den nur im Herkommen beruhenden Ruf manches literarischen Werks billigte, über seine Anfechtung Goethe's aber mit Recht sehr getheilter Meinung war, wie ihn denn in anderer Weise sein Auftreten gegen Joh. Heinr. Voß und dessen Ansichten über die religiösen Symbole der alten Völker viel Gegner machte. M. wendete sich 1825 nach Heidelberg, nahm aber noch im nämlichen Jahre in Folge seiner Verbindung mit dem Buchhändler Cotta seinen bleibenden Wohnsitz in Stuttgart und es erschien nun seine für das große Publicum bestimmte »Geschichte der Deutschen« (3 Bde., Zürich 1827; 2. Aufl. in 1 Bde., Stuttg. 1834), sowie »Die deutsche Literatur« (2 Bde., Stuttg. 1828; 2. Aufl., 3 Bde. 1836), sein ausgezeichnetstes Werk. Zwei größere verdienstvolle Dichtungen, die Märchen »Rübezahl« und »Narcissus« (Stuttg. 1829–30), gaben den Beweis seiner dichterischen Talente. Von 1829–35 lieferte er auch ein »Taschenbuch der neuesten Geschichte«, doch gehört die Geschichtschreibung nicht grade zu seinen starken Seiten. Eine Reise nach Östreich und eine spätere nach Italien lieferten den Stoff zu den zwei anziehenden Schilderungen: »Reise nach Östreich« und »Reise nach Italien« (Stuttg. 1831 und 1834); in neuester Zeit aber nahm sich M. wieder mit erhöhtem persönlichen Eifer des Literaturblatts an und trat namentlich gegen die von Börne und H. Heine (s.d.) angeregte, von ihren geistlosern Nachahmern aber, die jedoch M. früher zum Theil selbst begünstigte, breitgetretene undeutsche Richtung der Literatur auf. Dabei ging er aber in manchen Stücken viel zu weit und erhielt wegen einer fast blinden Verurtheilung alles Französischen von Börne den Spottnamen »der Franzosenfresser«, gerieth auch in manchen Widerspruch mit seinen früher ausgesprochenen, gesundern Ansichten, wie sich denn überhaupt jetzt ein wesentliches Zurückbleiben hinter der Zeit an M. auszusprechen scheint. Im J. 1833 wurde M. als Abgeordneter des Oberamts Bahlingen in die würtemberg. Ständeversammlung gewählt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 116.
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