Schatzgräberei

[62] Schatzgräberei. Der Umstand, daß allerdings zu Zeiten Schätze, d.h. werthvolle Gegenstände irgend einer Art, an Orten gefunden worden sind, wo sie vielleicht in unruhigen Zeiten oder aus andern Ursachen von seitdem längst verstorbenen Besitzern verborgen wurden, und die Annehmlichkeit, durch Auffindung eines solchen Schatzes auf die leichteste Weise ein ansehnliches Vermögen zu gewinnen, haben die Phantasie der Menschen lebhaft beschäftigt, allerlei Sagen von der Art, wie verborgene Schätze aufzufinden und zu heben seien, erzeugt und endlich eine große Anzahl von Thoren und Betrügern bewogen, das Auffinden von Schätzen, die Schatzgräberei, förmlich geschäftsmäßig, wenn auch eigentlich immer erfolglos zu betreiben. Der gesunde Sinn des Volkes sagte diesem unmittelbar, daß das Streben nach Schätzen kein tugendhaftes sei, nicht allein weil es immer fremdes Gut ist, welches der Schatzgräber sich aneignet, sondern weil es eine verächtliche Gesinnung voraussetzt, ohne Arbeit und Verdienst reich werden zu wollen. Daher hat der Aberglaube die verborgenen Schätze unter die Obhut des Teufels gestellt und die Schatzgräberei selbst als Teufelswerk gebrandmarkt. Gespenster sollen die Schätze bewachen und sie zu heben soll nur durch gewisse Personen, an gewissen Tagen und Stunden (gewöhnlich um Mitternacht), nach gewisser Vorbereitungen geschehen können. Es wird ein schwarzer Hahn oder ein schwarzer Bock geopfert, es werden geheimnißvolle Kreise gezogen, und eine der Hauptbedingungen ist, daß, was für schreckhafte Erscheinungen auch der Hebung des Schatzes vorausgehen mögen, der Schatzgräber ein unverbrüchliches Schweigen festhalten muß, soll der Schatz nicht rücken, d.h. tiefer in die Erde versinken. Zur Auffindung der Orte, an welchen Schätze liegen sollen, bedienen sch die Schatzgräber besonders der Wünschelruthe (s.d.). In den letztvergangenen Jahrhunderten, aber sogar auch noch in dem gegenwärtigen, ist es häufig Betrügern gelungen, abergläubische und geldgierige Menschen zur Schatzgräberei zu verführen, um dadurch eine Gelegenheit zu gewinnen, denselben Geld abzunehmen. Die Schatzgräberei wird von den Gesetzen als grober Betrug bestraft. – Auch die Morgenländer erzählen viel von verborgenen Schätzen, versetzen diese aber ganz in die Märchenwelt, indem sie von unterirdischen Zaubergärten sprechen, in denen Bäume mit goldenen, silbernen Früchten und köstlichem Edelgestein wüchsen, Haufen von Kostbarkeiten aufgeschüttet wären u.s.w.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 62.
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