Schröpfen

[111] Schröpfen nennt man eine schon in dem höchsten Alterthume gebräuchliche chirurgische Operation, welche darin besteht, daß eine Anzahl von sogenannten Schröpfköpfen (hohlen Gefäßen in der Form kleiner Biergläser) auf die Haut gesetzt wird und welche den Zweck hat, das Blut entweder nur in vermehrtem Maße nach einer bestimmten Hautstelle hinzuleiten oder es zugleich auch an dieser auszuziehen. Nach diesem doppelten Zwecke unterscheidet man zwischen trockenem oder blindem und blutigem Schröpfen. Ersteres besteht blos in dem einfachen Aufsetzen von Schröpfköpfen auf die Haut, letzteres außerdem noch in der Verwundung der Haut mittels des Schröpfschneppers. Das trockene Schröpfen findet vergleichsweise ziemlich selten Anwendung, dagegen ist das blutige, wenigstens in Deutschland, ein sehr beliebtes Volksmittel und auch wirklich von Nutzen, wo man behufs einer etwa nöthigen Ableitung von innern Theilen außer der örtlichen Blutentleerung noch eine kräftige Reizung der Haut bezweckt. Das Schröpfen geschieht auf folgende Weise. Nachdem der Theil des Körpers, welcher geschröpft werden soll, gehörig gereinigt, nöthigenfalls auch rasirt und mit warmem Wasser gebäht worden ist, nimmt. der Wundarzt die brennende Lampe in die linke Hand, führt dann mit der rechten den vorher in kaltes Wasser getauchten Schröpfkopf über die Lampe, hält ihn einige Secunden über diese und nachdem dadurch die in demselben enthaltene Luft verdünnt worden ist, setzt er ihn gleichsam wurfsweise auf die gewählte Hautstelle, wo sich derselbe nun sogleich festsaugt und die Haut in Form eines abgerundeten Hügels in die Höhe zieht. Hat man nur die Absicht, die Haut zu reizen, so ist hiermit die Operation beendigt, will man aber zugleich Blut entziehen, so verwundet man nach Entfernung der fest angesogenen Schröpfköpfe die Haut kunstgemäß vermittels des Schröpfschneppers und bedeckt dann die so angeritzte Hautstelle abermals mit einem Schröpfkopfe, den man nun nicht eher entfernt, als bis er sich mehr oder weniger mit Blut gefüllt hat. Dies wiederholt man so lange, bis die gewünschte Menge Blut entzogen ist oder keins mehr ausfließt. Nach Beendigung des Schröpfens bedeckt man die verwundeten Hautstellen mit in Öl getauchten oder mit einer milden Salbe bestrichenen Läppchen, die man durch leinene Compressen befestigt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 111.
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