Stäudlin

[281] Stäudlin (Karl Friedr.), ein berühmter Theolog und fruchtbarer Schriftsteller auf dem Gebiete dieser Wissenschaft, wurde 1761 zu Stuttgart als der Sohn eines Regierungsraths geboren. Auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt erhielt er den ersten Unterricht und 1779 widmete er sich zu Tübingen dem Studium der Theologie. Während desselben war seine religiöse Überzeugung den schwersten Kämpfen ausgesetzt, durch die er sich aber von der betretenen Bahn nicht zurückschrecken ließ; er erlangte 1781 die Magisterwürde, bestand 1784 sein theologisches Examen im Consistorium zu Stuttgart und übte sich fleißig im Predigen, ohne dabei die gelehrte Theologie aus den Augen zu verlieren. Er hatte sich schon durch einige gelehrte Schriften vortheilhaft bekannt gemacht, als er in den Jahren 1786–90 eine wissenschaftliche Reise durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und England unternahm, wo er zu London als ordentlicher Professor der Theologie nach Göttingen berufen ward. Er erwarb sich ebenso sehr den allgemeinen Beifall an der Universität, als die Anerkennung seiner Verdienste bei der Regierung. Nachdem er schnell in die dritte und zweite Stelle in der theologischen Facultät hinausgerückt war, erhielt er 1792 den Grad eines Doctors der Theologie und 1803 den Charakter eines Consistorialraths. Seitdem wirkte er unermüdet thätig als akademischer Docent und als theologischer Schriftsteller, bis er 1826 an einem schweren Magenleiden starb. Mit einer umfassenden und gründlichen Gelehrsamkeit vereinigte S. ungeheuchelte Frömmigkeit und eine seltene Anspruchslosigkeit. Freimüthig in der Äußerung Dessen, was er als wahr erkannt, verfocht er nie aus Eigenliebe hartnäckig seine Meinung. Sein Vortrag erleuchtete und erwärmte zugleich. Auf das festeste von der Göttlichkeit des Christenthums überzeugt, scheute er gleichwol die freie Forschung über dasselbe nicht. Als Schriftsteller hat er sich namentlich um die Bearbeitung der Religions-und Kirchengeschichte und der Moral große Verdienste erworben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 281.
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