Technologie

[378] Technolŏgie bezeichnet ursprünglich wie Technik: Kunstlehre, doch wird das Wort gegenwärtig gleichbedeutend mit Gewerblehre oder Gewerbkunde gebraucht, umfaßt also die Kunde von den verschiedenen Gewerben und von der Art und Weise, wie dieselben betrieben werden. Die Gewerbe haben miteinander gemein, daß sie den rohen Stoff, wie ihn die Natur liefert, aufnehmen, weiter verarbeiten und ihn dadurch zum mannichfachsten Gebrauch in der mannichfachsten Gestalt für den Menschen geschickt machen. Ihr nächster Zweck ist diese Umgestaltung, ihr entfernterer der Erwerb, welcher durch den Verkauf der umgestalteten Naturstoffe sich ergibt. Die Vielheit der Naturstoffe, die Vielfachheit der Art der Umwandlung derselben bedingen die große Mannichfaltigkeit der Gewerbe. Das Gewerbswesen hat in neuerer Zeit außerordentliche Fortschritte gemacht, wozu mehre Umstände zusammenwirkten. Die wichtigsten sind: die höhere Achtung, in welche der Gewerbstand seit den Staatsumwälzungen des vorigen und des gegenwärtigen Jahrhunderts kam, die höhere Bildung, welche sich die Gewerbtreibenden angeeignet haben, die Fortschritte der Wissenschaften, welche eine technische Anwendung gestatten, die Fortschritte, welche diejenigen Gewerbe machten, die sich zunächst mit Sammlung und Versendung der rohen Naturstoffe beschäftigen, die Verbesserung der Transportmittel, die Aufhebung der den Handel und die freie Gewerbsthätigkeit beschränkenden Gesetze u.s.w. Durch Gewerbevereine, welche sich an sehr vielen Orten bildeten, fielen nicht nur die Schranken, welche die einzelnen Gewerbe bis dahin trennten, und die einzelnen Gewerbe wurden aus ihrer Einseitigkeit herausgerissen, sondern es trat auch ein anregender Ideenverkehr ein, welcher segensreiche Früchte trägt. Der Staat und die Städte, erkennend wie segensreich die Erhöhung der Gewerbsthätigkeit wirke, haben sich derselben durch Errichtung von Gewerbsschulen, polytechnischen Instituten, Kunstschulen und Akademien angenommen, in denen der Lernende eine nicht blos mechanische Einübung von den dem Gewerbe, zu welchem er sich bestimmt, eigenthümlichen Kunstgriffen gewinnt, sondern auf eine Weise vorgebildet wird, daß er sein Gewerbe denkend zu ergreifen in Stand gesetzt ist. Auch die Kunst- und Gewerbeausstellungen wirken vortheilhaft, sie machen das kaufende Publicum mit den besten Erzeugnissen der Technik bekannt, regen den Ehrgeiz und Wetteifer der Gewerbtreibenden an und erzeugen bei manchem Beschauer neue Pläne und Ideen. Der erste, sehr wichtige Theil der Technologie ist die Kenntniß der unbearbeiteten Producte, ihrer Eigenschaften, des Orts ihres Vorkommens, der Art, wie sie im Handel vertrieben werden, der Behandlungsweise, um sie zu weiterer Verarbeitung geschickt zu machen, der allgemeinen mechanischen und chemischen Verfahrungsarten; der zweite Theil der Technologie umfaßt die Kenntniß der einzelnen Gewerbe. Man kann unter den Gewerbtreibenden verschiedene Classen unterscheiden, zunächst solche, die es mit der Erzeugung und ersten Verarbeitung der Naturproducte zu thun haben, als: Landwirthe, Gärtner, Winzer, Pflanzer, Forstleute, Holzschläger, Flößer, Köhler, Harzer, Pechler und Rußbrenner, Hirten, Abdecker, Jäger, Vogelsteller, Fischer [378] Taucher, Bienenzüchter, Seidenbauer, Bergleute, Hüttenleute, Steinbrecher, Kalkbrecher, Kalkbrenner, Ziegelstreicher, Ziegelbrenner, Brunnengräber, Pumpenmacher, Salzsieder, Flußfieder (welche die Potasche bereiten), Handlanger, Kärner, Kehrleute, Postillone, Schiffsleute. Eine andere Classe der Gewerbtreibenden sorgt für die weitere Zurichtung der menschlichen Nahrung. Zu ihnen gehören: Fleischer, Köche, Gastwirthe, Müller, Bäcker, Küper, Brauer, Essigbereiter, Branntweinbrenner, Ölschläger; eine andere für die menschliche Kleidung: als Gerber, Handschuhmacher, Schuhmacher, Kürschner, Hutmacher, Perückenmacher, Federschmücker, Nadler, Knopfmacher, Gürtler, Leinweber, Tuchmacher, Zeugmacher, Strumpfwirker, Kattunweber und Kattundrucker, Seidenweber, Bortenwirker, Strohflechter, Schneider, Mützenmacher; eine andere für die Wohnungen des Menschen und andere Gebäude: als Maurer, Zimmerleute, Schornsteinfeger, Dachdecker, Schmiede, Klempner, Schlosser, Glaser. Vermischte auf häusliches und bürgerliches Leben sich beziehende Gewerbe sind die Metallarbeiter: als Grobschmiede, Zirkelschmiede, Hammerschmiede, Blechschmiede, Klempner, Flaschner, Messerschmiede, Nagelschmiede, Büchsenmacher, Schwertfeger, Sporer, Feilenhauer, Stahlarbeiter, Windenmacher, Instrumentenmacher, Uhrmacher, Mechanikus, Drahtzieher, Nadler, Gürtler, Kupferschmiede, Kupferstecher und Kupferdrucker, Graveur, Münzer, Gelbgießer, Rothgießer, Kugel- und Schrotgießer, Schriftgießer und Schriftschneider, Zinngießer, Gold- und Silberarbeiter; die Holzarbeiter: als Tischler, Böttcher, Drechsler, Schachtelmacher, Peitschenstielmacher, Korbflechter, Besenbinder, Formenschneider, Holzschneider, Büchsenschäfter, Siebmacher, Kammmacher, Kammsetzer, Hechselmacher, Pfropfenschneider, Schwammfabrikanten, Stuhlmacher, Stuhlbauer, welche Strumpfwirkerstühle u. dergl. herstellen. Mit Verfertigung musikalischer Instrumente beschäftigen sich die Instrumentenmacher. Den vorhergehenden reihen sich noch an die Beindrechsler, Hornkammmacher, Sattler, Riemer, Täschner, Bürstenbinder, Seiler, Segeltuchmacher, Töpfer, Tabacksspinner, Cigarrendreher, Pergamentmacher, Papiermacher, Buchbinder, Kartenmacher, Siegellackfabrikanten, Serpentinsteindrechsler, Schleifer, Färber. Dem Luxus dienen außer mehren schon erwähnten: der Stuccaturarbeiter, Tapetenmaler, Tapezierer, Juwelier, Galanteriearbeiter, Zuckerbäcker. Endlich schließen sich noch die Künste an: Gartenkunst, Baukunst, Musik, Malerei, Bildhauerkunst. Die schönen Künste, sowie die Wissenschaften werden aber von Rechts wegen nicht zu den Gewerben, also auch nicht in das Gebiet der Technologie gerechnet, da ein Kunstwerk und ein wissenschaftliches Werk nicht um des Erwerbs, sondern um seiner selbst willen geschaffen sein soll. Man hat von einer Staatstechnologie gesprochen, worunter man die Lehre von dem Einflusse der Gewerbe auf den Staatshaushalt versteht, und von einer technischen Rechtslehre oder Gewerbspolicei, worunter man die Lehre versteht, welche angibt, wie die Gewerbe vom Staate zu beaufsichtigen, zu fördern und zu schützen sind. Umfassende Werke über Technologie sind die technologischen Wörterbücher von Poppe (Tüb. 1816–20), Leuchs (1899), Prechtl (Stuttg. 1830 fg.) und Voit (Augsb. 1833), Bernoulli's »Handbuch der Technologie« (2 Bde., Basel 1833–34), Dingler's »Polytechnisches Journal« u.a.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 378-379.
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