Ate (Mythologie)

[338] Ate (Mythologie). Eine verderbliche Tochter des Zeus; Göttin der Schuld, des Schadens, böser Thaten Mutter, und strafende Rächerin zugleich. Als Alkmene vom Zeus mit dem Herakles schwanger ging, schwur freudig der Göttervater, dieser sein Sohn solle über all' seine übrigen Sprößlinge herrschen. Dazu war er von Ate verleitet, und Here, dieß hörend, überlistete den Gemahl, und ließ den Euristheus, den Nikiope vom Zeus empfangen, früher als Herakles[338] geboren werden. Zornig faßte der Gott die Ate bei ihren glänzenden Locken, schleuderte sie zur Erde herab, und schwur, sie solle nie den Olymp wieder betreten. Da nun waltet und wandelt seitdem Ate verderblich auf Erden; stolz und kühn schreitet sie wie das eherne Schicksal leichten Fußes über die Häupter der Menschen hinweg. Ihr Gefolge sind die Liten, Töchter des Zeus, die Gebete; ihre Knie sind krumm gebogen, ernst und faltenreich ist ihr Antlitz, die Blicke sind emporgerichtet zum Vater, was Ate verbricht, suchen sie zu versöhnen; wer sie ehrt und sie aufnimmt, den beglücken sie, aber den Harten sendet auf ihre Bitten Zeus die Ate zu, sie zu plagen. Niemand wird den schönen Sinn dieser Allegorie verkennen. Immer söhnt wahrhaftige Reue die Schuld, und den Unbußfertigen wird das eigene Bewußtsein zur Strafe und Marter gesandt.

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Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 338-339.
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