[156] Devrient-Böhler, Dorothea, Dorothea, am 20. Februar 1805 zu Cassel geboren, wurde von ihren Eltern, die zu ihrer Zeit eines bedeutenden theatralischen Rufes genossen, schon im 4. Jahre für die Bühne bestimmt. Sie betrat dieselbe zuerst in Frankfurt a. M., wo ihre Eltern angestellt waren. Schon in dem zarten Kinde zeigte sich eine lebhafte Auffassungsgabe und eine Originalität der Darstellung, welche weit über ihre Jahre hinausging. Ihren Vater verlor sie früh, dessen ungeachtet wurde durch die sorgsame und verständige Mutter an ihrer Erziehung nichts gespart. Als Kind von 11 Jahren verließ sie mit der Mutter und älteren Schwester (der nunmehrigen Madame Genast in Weimar) Frankfurt und ging nach Prag, wo jene ein Engagement erhielten und Dorothea in Kinderrollen auftrat. Schon hier, in einem beschränkten Rollenkreise, wurde sie der Liebling des Publikums. Zwei Jahre später traten beide Schwestern, zu dem vom Hofrathe Küstner neu organisirten Leipziger Theater, und hier war es, wo Dorothea nach und nach ihr Talent für muntere Rollen im Schauspiel und für Soubretten[156] in der Oper so glänzend entwickelte, daß sie bald eins der gefeiertsten, ja wohl gar das Begabteste der Mitglieder jener Bühne ward. 1825 vermählte sie sich mit dem jungen trefflichen Schauspieler Emil Devrient, der gleichfalls zu jener Zeit in Leipzig angestellt war. Hier wirkten beide für die Erheiterung und Belebung eines dankbaren Publikums bis zum Jahre 1828, wo die Küstner'sche Entreprise endigte. Die neun Monate, welche sie von jetzt an mit einem großen Theil der Leipziger Gesellschaft in Magdeburg zubrachte, eröffnete für das dortige theatralische Leben eine neue Aera und das lunstsinnige Publikum dieser Stadt erfreute sich seit jener Zeit keines ähnlichen, glänzenden Personales und so trefflicher, gerundeter Darstellungen. Gleich darauf gewann die Hamburger Theaterdirection das gerühmte Künstlerpaar für die dortige Bühne und nun wurde Dorothea bald der gefeierte Liebling des Publikums. Zwei Jahre waltete sie hier mit seltener Laune und Grazie in den verschiedenen Fächern des Luft-, Schauspiels und der Oper, und Publikum wie Direction boten nach Verlauf derselben Alles auf, sie an die dortigen Kunsthallen zu fesseln. Doch ein Ruf zu lebenslänglicher Anstellung lockte das Künstlerpaar nach dem reizenden Dresden, wo beide gleich geehrt und gefeiert als zwei Hauptzierden eines geschätzten Künstlerkreises sich der ungetheilten Anerkennung aller Gebildeten erfreuen. Ihre zahlreichen Gastspiele auf den ersten Theatern Deutschlands: zu Wien, Stuttgart, Darmstadt, Berlin, Weimar, Prag etc. rechtfertigten ihren ehrenvollen Ruf als vorzügliche Künstlerin und erwarben ihr überall die Huldigung, wie sie nur den Höherbegabten zu Theil wird; denn nur das Bleibende erhält in der Kunstwelt auch bleibende Würdigung, der größte Enthusiasmus aber, gilt er nur dem Scheinverdienst, ist vorübergehend, wie dieses. In allen Leistungen dieser reichbegabten Darstellerin lebt eine seltene Lebensfrische, die liebenswürdigste Laune und Schalkheit, der frischeste Humor. Ihr Grundtypus ist die lebenvollste Wahrheit, über dieser schwebt die Grazie, wie der Blumenstaub[157] über dem Kelche, durchsichtig, erquickend, voll Liebreiz. Hier ist nichts von erkünstelter Natürlichkeit, der Ton quillt frisch aus dem Herzen, keine Manier stört, kein Zuviel verletzt, nirgends ein Haschen nach Effect! Die Eigenschaften einer guten Hausfrau, einer trefflichen Gattin und Mutter gehen im Geleite ihres schönen Talentes.
B.
Brockhaus-1837: Schröder-Devrient
Brockhaus-1911: Schröder-Devrient · Giesecke & Devrient · Devrient
DamenConvLex-1834: Devrient-Schröder, Wilhelmine · Devrient, Ludwig
Herder-1854: Schröder-Devrient · Devrient
Meyers-1905: Schröder-Devrient · Devrient
Pataky-1898: Devrient, Therese · Devrient, Frl. Luise
Schmidt-1902: Giesecke, Hermann Friedrich; Devrient, Alphonse