Fächer

[52] Fächer sind unstreitig eine Erfindung der Frauen südlicher Länder. Sie bestanden ursprünglich aus Baumblättern oder Federbüschen und dienten dazu, das Antlitz gegen die Sonne zu schützen und ihm frische Luft zuzuwehen. Vielen Antheil an ihrer allgemeinern Verbreitung hatten Schamhaftigkeit, Gefallsucht und Koketterie. Man kann hinter dem Fächer lauschen, erröthen, man kann Alles sehen, ohne gesehen zu werden; es gibt eine eigene Fächersprache, die vielleicht eben so beredt ist, wie die der Augen. – Fächer waren schon im höchsten Alterthume gebräuchlich, doch bedienten sich ihrer, wie noch jetzt im Oriente, auch Männer. In Athen[52] sah man den Fächer als einen Scepter der Schönheit an. Bei den Römerinnen waren sie ein Luxusartikel. Zwischen zart geschnittenen Täfelchen setzte man die Schmuckfedern der schönsten, ausländischen Vögel ein. – Nach Frankreich kamen sie erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts aus Spanien und Italien; sie hatten damals blos einen Griff und bestanden aus buntbemalter, mit Federn umgebener Pappe. Man verstand noch nicht die Kunst sie zusammenzulegen. Später bildete man sie aus mehreren Stäben von verschiedenen Stoffen und nannte sie chinesische. Man legte sie mit Gold, Elfenbein, Papageienfedern etc. aus, und der Luxus in diesem Artikel wurde immer größer. Ihr Gebrauch war so allgemein, daß der Fächer eins der unentbehrlichsten Requisite einer Dame von gutem Ton ausmachte. Man malte u. a. ganze Landschaften, Gruppen, Scenen etc. auf die einzelnen Stäbchen, und dazu verwendeten oft ausgezeichnete Künstler ihre Geschicklichkeit. – Während der französischen Revolution verschwanden die Fächer eine Zeit lang, jedoch nur um sich bald darauf um so mächtiger zu behaupten. Jedes Jahr wechselte von da an, was Stoff und Ausschmückung betrifft, mit der Mode; bald fächelten sich Damen mit Scenen aus der Mythologie, oder mit solchen aus dem Kriegsleben. Später wieder wurde ihre ganze Ausstattung gothisch, chinesisch, durchbrochen; sie waren bald aus Seide, Holz, Pergament, bald aus Papier, Horn, Schildpatt, Bast, Schilf etc. Noch jetzt sind sie eins der nothwendigsten Erfordernisse einer eleganten Frau, sowohl auf dem Balle, als im Salon oder auf der Promenade. Die gesuchtesten sind die Pompadour- und Dubarry-Fächer. Jene sind großer als die gewöhnlichen, von Perlmutter und mit hübschen Mustern in Gold eingelegt; diese sind aus Atlas mit Gold gedruckt, die beiden Stäbe von polirtem Stahl mit getriebener Arbeit verziert. – Es gibt auch geschmackvolle Sorten von Elfenbein mit seiner chinesischer Malerei und in goldemaillirtem Filigran. – Die vorzüglichsten, geschmackvollsten Artikel dieser Art liefern die Fabriken[53] von Paris, Brüssel, Genf, Wien etc; auch aus England werden sehr elegante Fächer in großer Menge ausgeführt.

4.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 52-54.
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