Fächer

[257] Fächer, Geräte verschiedener Konstruktion, die seit alter Zeit bei vielen Völkerschaften im Gebrauch sind, um sich Kühlung zuzufächeln oder zufächeln zu lassen. Die einfachsten F. bestehen aus einem Stiel, an dem ein Baumblatt, im Süden und in den Tropen ein Palmblatt, aus dem der spätere Faltfächer entstanden ist, ein Stück Papier oder Seidenzeug befestigt ist (Wedel, Blattfächer, Fig. 1, S. 258). Derartige F., bei denen die in einem lackierten Ring ausgespannte Seite bemalt ist, sind noch gegenwärtig in China und Japan im Gebrauch und auch bei uns eingeführt worden. Im Altertum spielten aber auch F. aus Federn, namentlich solche aus Pfauenfedern[257] (Fig. 2), eine große Rolle, und in den Tropen benutzen die Eingebornen gleichfalls Federfächer. Im Mittelalter war der F. besonders in Spanien und Italien im Gebrauch, wo er aus einem viereckigen aufgespannten Stück Stoff, bemaltem Pergament oder Geflecht bestand, das an das obere Ende eines langen Stieles befestigt wurde (Fahnenfächer, Fig. 3). Im 16. Jahrh. kam er nach Frankreich und Deutschland, und seit dem 17. Jahrh. ahmte man die chinesischen F. nach (s. Tafel »Chinesische Kultur II«, Fig. 15), bei denen eine Anzahl schmaler, keilförmig geschnittener Blätter an dem einen Ende durch einen Draht zusammengehalten wird, so daß man den F. beliebig entfalten und wieder zusammenlegen kann.

Fig. 1. Blattfächer. 2. Federfächer (etruskisches Vasenbild). 3. Fahnenfächer. 4 Italienischer Faltfächer (16. Jahrh.). 5. Französischer Fächer in Elfenbein geschnitzt (18. Jahrh.). 6. Französischer Fächer (Zeit Ludwigs XV.) mit Malereien nach Boucher.
Fig. 1. Blattfächer. 2. Federfächer (etruskisches Vasenbild). 3. Fahnenfächer. 4 Italienischer Faltfächer (16. Jahrh.). 5. Französischer Fächer in Elfenbein geschnitzt (18. Jahrh.). 6. Französischer Fächer (Zeit Ludwigs XV.) mit Malereien nach Boucher.

Diese Faltfächer (Fig. 4) wurden unter Ludwig XIV. zu einem beliebten Luxusgegenstand und in der verschiedensten und kostbarsten Weise verziert. 1678 wurde in Frankreich auch eine Zunft der Fächermacher (maîtres eventaillistes) begründet. Die einzelnen Stäbe wurden aus Perlmutter, Elfenbein, Schildkrot, Edelmetall etc. gefertigt, mit Gravierungen, Malereien, Inkrustierungen u. dgl. verziert (Fig. 5) und an dem abern Ende bisweilen noch mit Pfauen-, Adler- oder Straußfedern versehen. Für Faltfächer, die unten aus Stäben, oben aus Stoff bestanden, benutzte man Atlas, Seide oder ganz seines Leder und verzierte sie mit Gouachemalereien, die im 18. Jahrh. meist von hervorragenden Künstlern oder nach Vorbildern von solchen (Watteau, Boucher) ausgeführt wurden (Fig. 6). Sie verschwanden dann seit der Revolutionszeit, sind aber jetzt wieder sehr in Aufnahme gekommen. Wie früher werden die F. durch das Zusammenwirken von Malerei und Kunstindustrie oft zu Kunstwerken ersten Ranges erhoben. In neuester Zeit wird diese Fächermalerei z. T. von Spezialisten ausgeübt und vielfach von Dilettanten gepflegt. 1891 fand in Karlsruhe eine deutsche Fächerausstellung mit Preisausschreiben statt, an der sich die ersten deutschen Künstler beteiligten. Eine Auswahl daraus wurde mit Text von M. Rosenberg (Karlsr. 1892, 69 Tafeln) veröffentlicht. Daneben sind auch Federfächer, namentlich aus Straußfedern, im Gebrauch. In China und Japan sind F. noch heute die beständigen Begleiter von Männern und Frauen. Für den Massenbedarf werden sie aus[258] buntem Papier (Seiden- oder geöltem Papier) gefertigt und demgemäß schnell abgenutzt. Vgl. Blondel, Histoire des éventails (Par. 1875); Frauberger, Geschichte des Fächers (Leipz. 1877); Uzanne, L'éventail (Par. 1881); Fraipont, L'art de composer et de peindre l'éventail (das. 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 257-259.
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