Hausfrau

[193] Hausfrau. Das Leben der europäischen Frauen ist von doppelter Beziehung. Es gehört zum Theil der Geselligkeit (s. Gesellschaft), hauptsächlich aber der Häuslichkeit, dem Hauswesen. Wie die Frauen in der Gesellschaft die Grazien sind, welche durch Anmuth, Geist und Laune Frohsinn verbreiten und die Unterhaltung beleben, so sind sie hier die schützenden Genien der Ordnung und des Wohlstandes, die Pflegerinnen des Gatten und der Kinder, die Gebieterinnen des Gesindes, die Regentinnen des kleinen Staates, dessen Wohlfahrt nur durch ihre Fürsorge gedeihen kann. Als Arzt pflegt und tröstet die Hausfrau, als Gebieterin[193] muß sie tadeln, belehren, bessern muß in Pflichterfüllung und Entbehrung allen mit gutem Beispiele vorangehen, wie ein guter und kluger Regent; aber ihr Regiment sei das der Milde und Sanftmuth, der Ueberzeugung. Aus dieser Masse von Pflichten entspringen für eine gute Hausfrau tausend häusliche Freuden. Es ist so wohlthuend, Segen, Freude und Zufriedenheit um sich zu verbreiten; selten kann es der Mann in seinem größern Wirkungskreise, der der großen Welt gehört, meistens aber kann es die Frau im Bereiche ihrer kleinen Welt. Diese vermag sie zu veredeln, zu erheben, zu verschönen, mit tausend Blüthen, mit still duftenden Blumen zu schmücken. Hier erblüht dem bescheiden verlangenden Gemüthe der echten Weiblichkeit ein schönerer Kranz als draußen auf der dornigen Laufbahn der Künste und Wissenschaft. O durchdränge die Herzen aller Frauen echte Religiosität, ihr Herz würde auch im Bereiche ihres Hauswesens die süßeste, vollgiltigste Befriedigung finden! Eine edle Hausfrau schmückt das Haus zum Tempel, an ihrem Altare legen Gatte, Kinder Geschwister, Eltern Opfer des Dankes nieder; sie ist ihr leuchtender Mittelpunkt, ihre milde Sonne, nach der sie liebend, vertrauend emporblicken. Der Segen, der ihr Wirken begleitet, erbt auf ihre Kinder von Geschlecht zu Geschlecht; denn fast immer ist die Tochter, will es die Mutter ernstlich, das Abbild dieser. Eine gute Hausfrau wird stets nur gute Hausfrauen erziehen; denn gern folgt das jugendliche Gemüth des Kindes dem geliebten und geheiligten Vorbilde der Mutter. Der Inbegriff aller guten, häuslichen Eigenschaften einer Frau heißt die Häuslichkeit; sie ziert sie mehr, als die brillantesten, geselligen Eigenschaften, mehr als alle Kunstfertigkeiten, die nur für die Gesellschaft glänzen. Die Gesammtheit aller ihrer Pflichten, Geschäfte und Verrichtungen heißt das Hauswesen; diesem fleißig und sorgsam vorzustehen, ist des Weibes schönster, höchster Beruf; wo das Hauswesen gut geordnet ist, da herrscht Wohlstand, Frohsinn, [194] Glück. – Hausrath nennt man Alles, was von Geräthschaften, Utensilien, Geschirren, Leinenzeug, Meubles etc zum Hauswesen gehört und vorzugsweise der Obhut der Hausfrau anvertraut ist Die Griechinnen waren Hausfrauen im vollsten Sinne des Wortes; ihnen galt die Pflege für Gatten, Kinder, Hauswesen etc. Alles; in ihrer häuslichen Abgeschlossenheit bildete sich der Sinn für Häuslichkeit aus. Erst unter Perikles arteten sie aus und wandten sich mehr zur Oeffentlichkeit, zu Luxus und Prunksucht hin. Ein Gleiches gilt von den Römerinnen, deren edelste Frauen zugleich ihre häuslichsten waren. Unter der Kaiserherrschaft aber schwand diese Tugend und die Frivolität drang in die heiligen Gemächer der Laren und Penaten. Sclavinnen versahen das Amt der Hausfrauen; sie selbst aber ergaben sich dem Prunk, der Ueppigkeit. Häuslich waren die Frauen der alten Deutschen, häuslich die Frauen der Ritter des Mittelalters, Häuslichkeit war es, die ihnen bis auf unsere Zeiten die allgemeine Achtung sicherte. Noch jetzt gelten die deutschen Frauen als Muster der Häuslichkeit. Ihnen nähern sich die Engländerinnen, Schwedinnen und Nordamerikanerinnen. Mehr von der Häuslichkeit entfernt sich die Französin, welche die Salonsfreuden liebt und hier ihre Freuden und Triumphe sucht. Ihnen gleichen mehr oder minder die Frauen Italiens und Spaniens. Auch in Rußland und Polen findet man in den Mittelständen Frauen mit häuslichem Sinn. Bei den Orientalen sind die Frauen bekanntlich nur die Sclavinnen ihrer Männer; sie sind nur der Gegenstand seiner eifersüchtigen Liebe und Fürsorge. Er ist der alleinige Gebieter im Hause und im Hauswesen. Die Frau ist nur zu seiner Unterhaltung und zum Müßiggange bestimmt. Sclavinnen tragen die Lasten der häuslichen Geschäfte. Wie könnte sich dort die herrliche Blume der Häuslichkeit entfalten!! – Das Weib muß frei, geachtet, dem Manne gleich gestellt sein, soll es eine gute Hausfrau werden. Trefflich schildert ihre würdevolle Bedeutung Schiller in einer Stelle der Glocke

[195] »Und drinnen« (im Hause) »waltet

Die züchtige Hausfrau,

Die Mutter der Kinder,

Und herrschet weise

Im häuslichen Kreise,

Und lehret die Mädchen,

Und wehret den Knaben,

Und regt ohn' Ende

Die fleißigen Hände,

Und mehrt den Gewinn

Mit ordnendem Sinn.

Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden,

Und dreht um die schnurrende Spindel den Faden,

Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein

Die schimmernde Wolle, den schneeigen Lein,

Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer,

Und ruhet nimmer.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 193-196.
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