Edinburgh

[268] Edinburgh, Schottlands Hauptstadt, der Sitz der alten Könige von Schottland, der romantische Schauplatz so mancher W. Scott'schen Dichtung, der Ort, wo Maria Stuart, die schönste und unglücklichste der Königinnen, die Blüthentage ihres Glückes verlebte, liegt in einem Kessel von Bergen, nicht fern vom Meere, an welches es durch die damit verbundene Stadt Leith grenzt, hat 7 engl. Meilen im Umfange, 13,000 Häuser und über 100,000 Einwohner. Edinburgh zerfällt in zwei Theile: die Alt- und Neustadt. Jene ist alt, steil, hat enge, krumme Straßen, finstre Häuser von 6 bis 10 Stockwerken; diese dagegen enthält eine große Anzahl der herrlichsten Paläste, breite schöne Straßen und ist der Sitz des hohen Adels und der reichen Kaufmannschaft. Mehrere großartige Brücken und ein breiter Damm verbinden die höher liegende Stadt mit der niedern. – Die merkwürdigsten Gebäude der Altstadt sind: das Holyrood-Haus, der alte Palast der schottischen Könige, mit vier ungeheuren, uralten Eckthürmen, weiten Bogengängen und einem großen Hofraum. Im zweiten Stockwerke zeigt man noch jetzt die Gemächer der Maria Stuart, ihr Bett von rothem Damast, die Toilette mit eigenen Stickereien der Königin. Neben dem Schlafgemache befindet sich das kleine Eckzimmer, worin der Sänger Rizzio vor Maria's Augen von den eifersüchtigen Baronen ermordet wurde Ein großer Saal enthält die Bildnisse der schottischen Könige. Dieß Schloß bewohnte in neuerer Zeit, wie auch bereits nach der ersten[268] franz. Revolution, Karl X. von Frankreich. Auf dem Castell, das von hohem Felsen herab die Stadt beherrscht, wohnten mehrere Könige oder saßen daselbst gefangen; hier gebar Maria den nachmaligen König Jakob V. – In der großen Metropolitankirche befinden sich die sehenswerthen Grabmäler mehrerer schottischer Helden. Das große Parlamentshaus mit vielen Gemächern und Sälen, hat eine Bibliothek von hunderttausend Bänden. – Das colossale Universitätsgebäude ist das schönste in Europa. Noch verdienen die Bankgebäude und die Börse Erwähnung. – In der Neustadt zeichnen sich aus: Das Generalarchiv mit einer 80 Fuß hohen Kuppel, das schöne Schauspielhaus, das Gesellschaftshaus mit einem prächtigen, 92 Fuß langen Saale, das neue Gefängniß, die Sternwarte etc. – Nelson's Denkmal besteht aus einer 100 Fuß hohen Säule, die inwendig hohl und mit einer Wendeltreppe versehen ist, welche bis zur Spitze führt. – Groß ist die Anzahl der Kunst- und wissenschaftlichen Vereine, so wie auch der wohlthätigen Anstalten; darunter nennen wir besonders die Anstalt für arme Kaufmannstöchter, worin 70–80 Mädchen vom 7. Jahre an erzogen werden; die Erziehungsanstalt für 50 Töchter armer Handwerker, die Anstalt zur Besserung verführter Mädchen u. s. w. – Im Winter, wenn der hohe Adel von den Landsitzen heimkehrt, belebt sich die Stadt ungemein, und es finden rauschende Festlichkeiten Statt, denn die Schotten sind eben so vergnügungslustig, wie gastfrei. Sie lieben Tanz Und Musik weit mehr als die Engländer. Das Nationalinstrument ist der Dudelsack, und öfter finden im Theater Preisvertheilungen unter die Bergschotten Statt, die als Meister auf diesem Instrumente glänzen und im Wettstreite den Sieg davon tragen. – Die Umgebungen Edinburghs bilden schöne romantische Hügel, auf deren Abhängen man manches schöne Stammschloß des hohen Adels erblickt. In Edinburgh findet man große Fabriken in Zucker, Kerzen, Stärke, Seife, Strümpfen, Stecknadeln, Knöpfen etc. Vorzüglich aber sind die Manufakturen[269] in Luxusartikeln, namentlich in Kutschen, Uhren, Mobilien, Blech- und Messingwaaren.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 268-270.
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