Gleim, Joh. Wilh. Ludw.

[443] Gleim, Joh. Wilh. Ludw., Joh. Wilh. Ludw., wurde 1719 in dem halberstädtischen Städtchen Ermsleben geboren, bezog die Schule zu Wernigerode und studirte in Halle die Rechtsgelehrsamkeit, wo er mit dem Dichter Uz eine innige Freundschaft schloß. Darauf ging er nach Berlin als Stabssekretär des Prinzen Wilhelm von Schwedt. Da dieser in der Schlacht bei Prag fiel, so trat er als Privatsekretär in die Dienste des Fürsten Leopold von Dessau. Später lebte er in Magdeburg und Berlin, und wurde 1747 als Sekretär des Domkapitels zu Halberstadt angestellt, welches Amt[443] er über 50 Jahre bekleidete, bis er, nachdem in der letzten Zeit dem freundlichen Greise das Licht der Augen erloschen war, in einem Alter von 84 Jahren am 18. Februar 1803 sanft verschied. Der Grundzug in Gleim's Charakter war reiner Enthusiasmus für alles Gute und Vortreffliche, Patriotismus, der Trieb Freude und Frohsinn zu befördern, und das Gute zu üben, wo er nur konnte. Gleim griff in der frühesten Jugend zu der Lyra und legte sie erst in dem spätesten Alter weg. Man hat ihn Deutschlands Tyrtäus und Anakreon genannt, welche Namen er auch in mancher Hinsicht verdient. Seine scherzhaften Lieder sind der Ausdruck inniger Fröhlichkeit; sie sind schalkhaft, ohne gegen die Sittsamkeit zu verstoßen. Wein, Rosen und Mädchenkuß sind die Gegenstände seines ungekünstelten Gesanges. Einige davon sind freilich matt, die spätern fast unkenntlich. Am besten gelangen ihm die Kriegslieder, die Friedrich den Großen feiern; ihre Sprache ist einfach, voll Kraft und Feuer. Seine Fabeln empfehlen sich durch die natürliche, leichte Erzählungsart und gedankenvolle Kürze. Auch als einer der ersten Romanzendichter unter den Deutschen verdient Gleim Beachtung. Wegen seiner ausgebreiteten Verbindung mit allen deutschen Dichtern, die ihn als Veteran verehrten, gab man ihm den Namen: »Vater Gleim.« Seine Schriften sind später in einer sorgfältigen Auswahl, von Körte in 7 Bänden, Halberstadt, 1811–13, herausgegeben.

E. O.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 443-444.
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