Magnet

[478] Magnet. Es gab vor Alters in Kleinasien zwei Städte, die Magnesia hießen. Die eine lag am Mäander, die andere, auch Heraklea genannt, ward zur Landschaft Lydien gerechnet und nach[478] ihr soll der Magnet seinen Namen erhalten haben. Dieser seltsame Stein, der meist dem gemeinen Eisen ähnelt, fand sich häufig im Innern des Berges Sypilus, auf dem jene Stadt erbaut war, und Plinius erzählt, daß ein Schäfer, dessen mit Zwecken beschlagene Schuhe und mit einer eisernen Spitze versehener Stock auf dem Felsen haften blieben, die erste Entdeckung seiner Anziehungskraft gemacht habe. Jetzt findet man die Magnetsteine in den Eisenminen verschiedener Länder. In Ostindien, China und allen nördlichern Gegenden ist ihre Farbe eisengrau, in Frankreich öfters schwarz, in Lothringen graulich, in Devonshire braunroth. Wenn der Magnet zu Tage gefördert wird, ist seine bekannte Eisen-Anziehungskraft in der Regel unbedeutend, und er muß erst armirt, das heißt mit einem zweiten, bereits starken, Magnete wiederholt bestrichen werden. Dieses sich Mittheilen gilt für die zweite Haupteigenschaft des Magnets. Seine dritte ist die Neigung nach den Polen, was Veranlassung zur Erfindung des für die Schifffahrt so unentbehrlichen Compasses wurde. Nähert sich die Magnetnadel einem oder dem andern Pole, so neigt sie sich bedeutend, gibt auch stets die Richtung mit einer gewissen Abweichung an, woraus denn ihre vierte und fünfte Eigenthümlichkeit besteht. Die Naturkraft, welche diese Eigenschaften bewirkt, soll eine besondere, um den Magnet sich bildende, Atmosphäre, die man magnetische Materie nennt, sein. In der königl. Sammlung seltener Gegenstände Englands zeigt man einen Magnet von Pfund, der zwar verhältnißmäßig keine starke Last hebt, wohl aber eine Nadel in der Entfernung von 9 Fuß anzieht. Das, was man sonst von einem zu Medina befindlichen enormen Magnete, der den eisernen Sarg des Propheten Muhamet schwebend erhielte, erzählte, ist eine Fabel.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 478-479.
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