Amsterdam

[166] Amsterdam, Hauptst. des Königreichs der Niederlande in der Provinz Nordholland an dem Meerbusen Y, in den sich hier die Amstel und der große Kanal ergießen, größtentheils auf Moorboden erbaut, daher die meisten Häuser auf eingerammten Baumpfählen ruhen. Durch die Amstel und viele Kanäle (Grachten) wird die Stadt in 90 Inseln getheilt, über die 300 Brücken führen, von denen die 360' lange »Hoope Sluys« über die Amstel die bedeutendste ist; über das Y führt eine von Schaufelrädern getriebene fliegende Brücke. A. hat 223000 E. Unter den 49 Kirchen und Kapellen gehören 22 den protestantischen Bekenntnissen, 21 den Katholiken, 1 den Griechen, 1 den Armeniern; die Juden haben 5 Synagogen. Die Straßen Amsterdams und die 12 öffentlichen Plätze sind gut gepflastert u. reinlich, mit schönen Baumalleen bepflanzt; aus den Kanälen dagegen entwickelt sich ungesunde Luft. Die merkwürdigsten Gebäude sind: die Residenz, ehemals Stadthaus, auf 13659 Masten ruhend, 282' lang, 235' breit, 116' hoch, von Quadern gebaut, im untern Stocke die Schatzgewölbe der Bank; das Rathhaus, früher der Prinzenhof, das Admiralitätsgebäude, das Admiralitätsmagazin mit Zeughaus und Schiffswerften, das ostindische Haus, die neue Börse, die große Kaserne, die Seeschule, das Museum mit einer Sammlung von Gemälden niederländischer Meister u.s.w. A. hat viele wissenschaftliche Anstalten: Königl. Akademie, der Wissenschaften und Künste, Sternwarte, bot. Garten, Seekadettenschule landwirthschaftliche und medicinische Gesellschaft, die vom Handelsstande gestiftete Akademie »felix meritis«, mehrer Gymnasien und Seminarien, Athenäum u.s.w. Die Wohlthätigkeitsanstalten sind noch zahlreicher: Hospital für alte Männer und Frauen, Armen-, Waisen- und Besserungshäuser, Findelhaus, Pesthaus, Hospital für unheilbare Krank Irrenhaus, Blinden- und Taubstummenanstalt u.s.w. Die Fabrikation ist sehr bedeutend und zum Theil eigenthümlich; [166] es hat Fabriken in Tauwerk, Segeltuch, Tabak, Tuch, Plüsch, Gold, Silber, Kupfer, Farbewaaren, chemischen Präparaten, Tafelblei u.s.w., Diamantschleifereien, Bierbrauereien, großartige Branntweinbrennereien (Genever), Zuckerraffinerien. A. ist noch jetzt einer der ersten Handelsplätze, die Zahl der einlaufenden Schiffe beträgt 2–3000; durch den großen Kanal, 26' tief, 124' breit, 14 Stunden lang können die größten Schiffe bei Niew Diep aus der Nordsee in den Hafen von A. einlaufen, ohne die schwierige Fahrt durch die Zuydersee machen zu müssen. – A. war um 1200 n. Chr. noch ein Fischerdorf, erhob sich bereits unter den Herren von Amstel zur Stadt, kam um das J. 1300 an die Grafen von Holland, die ihre Rechte erweiterten und sie befestigten. Entscheidend für A. war indessen der Aufstand der Niederländer gegen Spanien; als Antwerpen in die Hände der Spanier fiel, wurde Amsterdam die erste Handelsstadt der Niederlande, und als in Folge der glücklichen Seekriege die niederländische Flagge triumphirend in den Meeren der andern Erdtheile wehte und Spanien und Portugal viele ihrer schönsten Colonien verloren, wurde Amsterdam die erste Handelsstadt der Welt. Die Kriege gegen Frankreich und England in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhs., der Aufschwung der engl. Seemacht durch die Navigationsacte, die Concurrenz von Rotterdam und Hamburg drückten den Handel As., und wahrend der franz. Zeit, 1795–1815, war derselbe fast vernichtet; seit 1815 hat er sich wieder sehr gehoben und A. ist durch seine großen Kapitalisten und die Solidität seines Handelsstandes wieder ein Hauptplatz für den Weltverkehr und die großen Geldgeschäfte geworden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 166-167.
Lizenz:
Faksimiles:
166 | 167
Kategorien: