Cervantes Saavedra

[51] Cervantes Saavedra, Miguel de, geb. zu Alcala de Henares den 9. Nov. 1547, Spaniens größter Schriftsteller, wurde während seines ganzen Lebens von Unglück und Dürftigkeit verfolgt. Als Soldat verlor er in der Schlacht von Lepanto die linke Hand, fiel darauf in die Gefangenschaft der Algierer und war 7 Jahre lang in der Sklaverei, in der er durch die List und Kühnheit, mit der er verschiedene Befreiungsversuche mit seinen Leidensgenossen unternahm, sich die Bewunderung seines barbarischen Herrn erwarb, was ihn allein vor einem grausamen Tode bewahrte. Endlich erlöst und in die Heimath zurückgekehrt widmete er sich ganz den Musen; schon frühe war er mit Romanzen, Sonetten, Elegieen und einem Schäferroman aufgetreten; nun ließ er 1584 einen andern, Galatea, dann rasch nicht weniger als 30 Dramen folgen, lauter Arbeiten von mittelmäßigem Werthe. 1605 endlich erschien der 1. Thl. des Don Quixote; dann dichtete er 12 Novellen, die Reise zum Parnaß u.a. Der 1. Thl. des Don Quixote hatte den Ruhm des C. gegründet; während der Pause zwischen der Erscheinung des 2. Thls. ließ ein Unbekannter unter dem Namen Avellanada eine Fortsetzung erscheinen, die C. tief empörte. Erst 1615 erschien von diesem selbst die Fortsetzung seines Meisterwerks; er st. aber schon den 23. Apr. 1616 zu Madrid in Dürftigkeit. Don Quixote ist in alle Sprachen übersetzt, wird von allen Klassen gelesen und geliebt, entwickelt einen unerschöpflichen Witz vom baurischderben und schalkhaften bis zum feinsten und ist daneben von wahrer Poesie getragen. Die Satire ist zunächst gegen die damalige Erscheinung des Ritterthums gerichtet und gegen die Poeten, deren Werke diese Luft athmeten, sie ist aber zugleich eine die vielfachen Blößen der Menschen jedes Zeitalters launig darstellende, und dabei geht ein Grundton tiefen Mitgefühls durch das Ganze, jene edle Trauer über menschliches Unglück u. Gebrechen, die alle großen Werke des poet. Genius aller Völker und Zeitalter durchdringt. – Ein Wiederabdruck der sämmtlichen Werke des C. erschien zu Paris 1841 bei Baudri; seinen Don Quixote haben bekanntlich Tieck, Soltau und Heine in das Deutsche übersetzt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 51.
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