Guillochieren

[672] Guillochieren, Verfahren mittels der Guillochiermaschine Muster in Stein- oder Kupferplatten zu radieren oder zu gravieren, zur Herstellung von Kupfer-, Stein- und Buchdruckplatten. Die Methode ist namentlich für die Wertpapiererzeugung (s. Banknotendruck) von größter Wichtigkeit. Die Guillochierung dient aber auch zum Verzieren, z.B. von Taschenuhrgehäusen, Gewehren u. dergl., sowie zur Dessinierung von Zeugdruckwalzen.

Die durch Kurbeln (auch elektromotorisch) und Zahnräderübersetzung betriebene Guillochiermaschine besteht in der Hauptsache aus dem Drehwerk, als dem Träger der zu gravierenden Platte, die in Ruhe verharren oder in ihrer Ebene kreisförmig oder exzentrisch und auch in der Richtung ihrer Längs- und Querachse durch Supports bewegt werden kann, und dem auf Gleitbahnen geführten Wagen oder Guillochierwerk; dieses enthält den Gravierstift, der stillstehend oder in gerader und schwingender Bahn sich bewegend arbeitet. Letzteres wird entweder durch einen Winkelhebel, der durch einen Taster (Kopierstift) und verschiedene eigenartig geformte Scheiben (Patronen, Matrizen, Fassonräder und Schablonen genannt) seine Führung erhält, oder durch vielfach kombinierbare Exzentertriebe bewirkt. Je nach der Anwendung und Vereinigung dieser zahlreichen Bewegungsarten, eventuell unter Belassung der Platte oder des Stichels in Ruhe, ferner je nach der veränderten Geschwindigkeit des Drehwerkes oder Wagens lassen sich die verschiedenartigsten Schraffuren und Zeichnungen (Kreise, Ovale, Wellenlinien, -kreise und -dreiecke, Radornamente, Kegel, Bänder, Moiré, Strahlen, Cykloiden u.s.w.), selbst der kompliziertesten Art erreichen. Namentlich durch die Benutzung der Exzenter werden so eigentümliche, wenn auch gesetzmäßige Verzerrungen desselben fortlaufenden Hauptmusters und Anwachsen und Abfallen des Striches erreicht, daß die Nachahmung durch Zeichnerhand fast gänzlich ausgeschlossen ist. Aus diesem Grunde eignen sich die Guillochen vorzüglich zum Banknotendruck, wo sie entweder als Untergründe oder vereinigt mit dem Kupferstiche in der Hauptplatte außerordentliche Benutzung finden. Werden die Platten wie beim Kupferdruck (s.d.) behandelt, so ergibt sich ein Abdruck, der die Gravüre in der Druckfarbe zeigt; im Buchdrucke erschiene, falls die Originalplatte verwendet würde, ein negatives Bild: die gravierte Zeichnung weiß auf dunkelm Grunde. Deshalb muß entweder eine Uebertragung vorgenommen oder die Methode der Galvanoglyphie (s.d., für Buchdruck) herangezogen werden. – Die einfachen Liniiermaschinen besitzen zumeist kein Drehwerk.

Ein ähnliches Verfahren ist das mittels der Reliefmaschine, welche die direkte Erzeugung einer Druckplatte nach einem Relief, z.B. einer Medaille gestattet, wobei auch u.a. eine Verkleinerung oder Vergrößerung oder die Umwandlung eines Kreises in ein Oval möglich ist.

Bei der Reliefmaschine, die auch mit der Guillochiermaschine zum Universalapparate (z.B. von Krebs in Frankfurt a.M.) vereinigt werden kann, überträgt ein über das zu kopierende Relief geführter Stift den in vertikaler Richtung erlittenen Hub auf ein Hebelwerk, das diesen in eine horizontale Schwingung des Gravierstiftes übersetzt. Die Licht- und Schattenwirkung wird dadurch von selbst hervorgebracht, daß die Erhöhungen des Reliefs im Gegensatze zum flachen Grunde, der gerade Linien bewirkt, Kurven erzeugt, die an gewissen Stellen zusammen-, an anderen auseinanderlaufen.


Literatur: Fritz, Handbuch der Lithographie, Halle a. S. 1898.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 672.
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