Kachelpressen

[253] Kachelpressen sind so konstruiert, daß entweder ein auf eine feste Unterlage gesetztes Tonstück durch Seiten- und Oberstempel in die Kachel umgeformt wird [1] oder daß ein Tonstrang in eine vorgesetzte, auseinandernehmbare Form eingedrückt wird [2]. In beiden Fällen wird nach Fertigpressung der Kachel die Form geöffnet und die Kachel in den Trockenraum gebracht.

Eine Presse der ersteren Art nach s. Fuchs und J. Mann (s. Fig. 1 Schnitt durch dieselbe vor der Pressung und Fig. 2 während derselben) besteht aus dem Stempel A, der durch das Zwischenstück C mit dem Kreuzkopf E einer Spindelpresse fest verbunden ist. Der Stempel A hat vier Arme D, von welcher jeder an seinem Ende eine Warze F trägt, in welcher der Rollenträger [253] J angebracht ist. Jeder der letzteren hat zwei Rollen. Die vier Backen B (s. Fig. 2) schwingen um die Achsen H, deren Lager sich am Gußkörper K befinden. Die vier Backen umschließen in ihrer vertikalen Lage die am Gußkörper K beteiligte Platte G und werden durch die Rillenträger in dieser Lage gehalten. Die Backen B bestehen aus einer entsprechend profilierten Platte, deren Länge dem Format der Kachel entspricht; auf der andern Seite der Backe B ist je ein Hebel L angebracht, mit welchem sie in geöffneter Lage unterhalb der Platte G sich anlegen; die Spiralfeder M hält die vier Backen in dieser Lage. Der Vorgang beim Pressen ist folgender: Es wird der Stempel A mittels einer Spindel in die Lage der Fig. 1 gebracht, wodurch auch die vier Backen B, da sie von den Rollenträgern nicht mehr gehalten, durch die Spiralfeder M nach außen gekippt werden. Es wird nun ein der Größe der Kachel entsprechendes Stück Ton auf die Platte gelegt und der Stempel A abwärts bewegt; hierbei werden die vier unteren Rollen der Träger J auf der Rippe N jeder Backe B rollend, diese nach einwärts bewegen, bis schließlich auch die zweiten Rollen in Tätigkeit treten und die vier Backen gleichzeitig in die Lage der Fig. 2 drängen. Während dieser Zeit ist auch der Stempel A allmählich in seine tiefste Lage gelangt, hat den Ton in die durch die vier Backen gebildete Form gepreßt und so eine Kachel hergestellt. Man läßt die Spindel wieder zurückarbeiten; es öffnet sich die Form wieder, die fertige Kachel kann leicht fortgenommen werden und das Spiel nach Auflegung eines neuen Tonballens frisch beginnen. Die Platte G kann, wie gezeichnet, eben sein, in welchem Falle glatte Kacheln gepreßt werden, oder entsprechend gemustert, falls reliefierte Kacheln geformt werden sollen.

Eine Presse der zweiten Art nach Pergande in Perleberg ist in Fig. 35 dargestellt. Fig. 3 ist ein Vertikalschnitt durch den Vorderteil der Presse. Die Formplatte befindet sich in Arbeitsstellung, Fig. 4 ist ein gleicher Schnitt bei ausgeschwenkter Formplatte, Fig. 5 ist der der Fig. 4 entsprechende Grundriß. Vor den Preßzylinder a, in welchem sich der Kolben verschiebt, ist die Platte c vorgeschraubt; an dieser Platte sind Widerlagsleisten d befestigt, die beim Pressen der Kachel die Teile der Preßform zusammenhalten. Der eine Seitenteil der Preßform wird durch die Profilleiste e gebildet, die auf der Platte f in Schlitzen g verschiebbar angeordnet ist. Die andern drei Seitenteile der Preßform werden durch die Zange h gebildet, die durch Stifte auf der Platte f geführt ist. In letzterer ist auch die Rumpfpatrone r zwecks Aenderung der Blattstärke der Kachel verstellbar angeordnet. Vermittelst der Zapfen i ruht die Platte f in den Führungsschienen k, die am Gestell der Presse befestigt sind. Während des Pressens liegt die Platte mit der darauf befindlichen Preßform in der aus Fig. 3 ersichtlichen Weise vor dem Preßzylinder a. Durch den Knebel p, der an der Platte c drehbar befestigt ist, und durch die beiden Stützhebel l, die am unteren Ende der Platte f befestigt sind, wird letztere in dieser Lage festgehalten. Der untere Profitteil e der Preßform stützt sich hierbei auf die untere Widerlagsschiene d und wird so in der Verschlußlage festgehalten. Nach dem Pressen einer Kachel wird zwecks Herausnahme derselben zunächst der Knebel p nach oben gedreht und dann die Platte f in der Schiene k nach vorn gezogen. Das untere Ende derselben wird hierbei durch die Stützhebel l, die bei m an das Gestell der Presse angelenkt sind, gezwungen, sich nach oben zu bewegen, so daß die Formplatte, wenn die Zapfen i derselben das Ende der Führungen k erreicht haben, die in Fig. 4 dargestellte Lage annimmt. Bei Beginn des Vorziehens der Platte f wird die Profilleiste e von der Widerlagsschiene d hinweggezogen und sinkt infolge ihrer Schwere um die Länge der Schlitze g nach unten. Da aber die Formplatte, wenn dies geschehen, nicht mehr senkrecht steht, sondern schon eine schräge Lage einnimmt, ist auch ein Abfallen der Zange h mit der darin liegenden Kachel von der Platte f ausgeschlossen; dieselbe wird vielmehr fest auf der Rumpfpatrone r liegen bleiben. Die Länge der Schlitze g ist so bemessen, daß der Profitteil e um die Stärke der an der Kachel befindlichen unteren Wulst nach unten sinken kann (Fig. 4). Die Kachel kann dann ohne weiteres mit der Zange h nach oben hin abgehoben werden. Beim Zurückschieben der Platte f wird diese wieder in ihre senkrechte Lage gezogen und der Profitteil e durch die Schiene d wieder nach oben gedrängt. Ein an der Platte f befestigter Stift n stößt am Ende der Schlußbewegung der Platte gegen eine untere Verlängerung o[254] des Knebels p, so daß dieser nach vorn herüberfällt und die Platte f in ihrer Arbeitsstellung verriegelt. Eine andre Art der Formung kann auch mittels Nachpressen erfolgen [3]; vgl. a. Ziegelmaschinen.


Literatur: Dümmler, K., Handbuch der Ziegelfabrikation, Halle a. S. 1900. – [2] Deutsche Töpfer- u. Zieglerztg. 1905, Nr. 8 u. 9; 1906, Nr. 66. – [3] Ebend. 1906, Nr. 38 u. 89.

Dümmler.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 4., Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 253-255.
Lizenz:
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