Spezialeisen

[739] Spezialeisen für Eisenbeton. – Neben dem hauptsächlich im Eisenbetonbau angewendeten Rundeisen werden auch andere Formen der Eiseneinlagen empfohlen und in Amerika angewendet.

Das Streckmetall (expanded metal) des Amerikaners Golding wird durch Stanzen und Biegen aus Blechen hergestellt (Fig. 1). Es eignet sich zur Armierung von einfachen Platten und kann in verschiedenen Blechstärken und Maschenweiten bezogen werden. Die ganz leichten Sorten dienen als Putzträger für verschiedene Zwecke. Bei der Herstellung des Netzes aus dem Blech wird das Material einer bedeutenden Beanspruchung unterworfen, und da das Flußeisen durch Stanzen in seiner Fertigkeit und Dehnungsfähigkeit beeinträchtigt wird, so müssen die dadurch hervorgerufenen Mängel durch Ausglühen wieder behoben werden.

Die an Stelle der Rundeisen empfohlenen amerikanischen Formen der Einlagseisen verfolgen alle den Zweck, ein Gleiten im Beton zu verhindern. Bei den Ransome-Eisen (Fig. 2) geschieht dies durch spiralförmige Windung der Eisenstangen quadratischen Querschnitts, bei den Johnson-Eisen (Fig. 3) sind Erhöhungen auf den Seitenflächen angewalzt und die Thacher- oder Knoteneisen (Fig. 4) sind bei gleichbleibendem Querschnittsinhalt mit Anschwellungen versehen. Die Lug-Eisen (Fig. 5) unterscheiden sich von den Ransome-Eisen dadurch, daß noch Höcker aufgewalzt sind. Die Diamond-Eisen (Fig. 6) sind Rundeisen mit aufgewalzten, spiralig verlaufenden und sich kreuzenden Rippen. Beim Cup-Eisen (Fig. 7) laufen von den auf den Rundeisenkern aufgewalzten Rippen vier längs, die übrigen dazwischen quer, so daß viereckige Vertiefungen entstehen.

Die amerikanischen Sondereisen haben in Europa keine Anwendung finden können. Man hat hier von Anfang an die gewöhnlichen Rundeisen angewendet und fand durch planmäßige Versuche bestätigt, daß man durch zweckentsprechende Abbiegung der Eisen gute Ausbildung der Endhaken und Anordnung von Bügeln imstande ist, mit dem viel billigeren Rundeisen die Eisenbetonbalken so herzustellen, daß die Fettigkeit der Eisen zur vollen Wirkung kommt. Die Haftfestigkeit oder der Gleitwiderstand verliert dann bei den richtig ausgebildeten Armierungen an Bedeutung. Anderseits fand man, daß die Verdickungen der Eisen auf den Beton eine sprengende Wirkung ausüben können, besonders an der Unterseite der schmalen Rippen von [739] Plattenbalken. – Gegenüber den nur auf die Erhöhung des Gleitwiderstands abzielenden Eisenformen bedeuten die Kahn-Eisen (Fig. 8) einen gewissen Fortschritt. Der Querschnitt hat die Form eines auf die Spitze gestellten Quadrats oder eines Trapezes mit zwei seitlichen Flügeln. Gegen die Enden der Stangen hin werden die Flügel auf gewisse Längen vom Hauptquerschnitt abgeschert und unter 45° nach oben abgebogen. Sie sollen so die sonst üblichen Abbiegungen und die Bügel ersetzen. Beachtet man indessen, daß im Eisenbetonbau die überwiegende Mehrzahl aller Träger kontinuierlich ist und daß bei Verwendung von Kahn-Eisen keine eigentliche Verbindung von oberer und unterer Armierung besteht, so ist die Anwendungsmöglichkeit dieser Spezialeisen beschränkt. Die richtig geführte Rundeisenarmierung ist vom theoretischen und wirtschaftlichen Standpunkt aus vorzuziehen. Außer der Gefahr einer Beeinträchtigung der Fertigkeit durch das Abscheren der Flügel ist noch ein großer Nachteil der Kahn-Eisen, daß sie eine große Breite im Steg der Eisenbetonbalken einnehmen, und daß es kaum möglich ist, den Beton unterhalb der Flügel satt einzubringen.

Die nietlosen Gitterträger (Fig. 9) haben ähnliche Nachteile; auch hier ist eine kontinuierliche Armierung der Eisenbetonbalken nicht ohne weiteres möglich, vielmehr müssen zur oberen Armierung über den Mittelstützen noch Rundeisen zur Hilfe genommen werden. Damit fällt der hauptsächlich geltend gemachte Vorteil der Einfachheit dieser Armierungsweise. Die breiten Flacheisen des Untergurts haben den Nachteil, daß der Beton darunter sehr schwer satt einzubringen ist.


Literatur: [1] Mörsch, Eisenbetonbau, 4. Aufl., Stuttgart 1912. – [2] C. v. Bach, Versuche mit einbetoniertem Thacher-Eisen. – [3] Ders., Mitteilungen über Forschungsarbeiten, Heft 72–74. – [4] Handbuch für Eisenbetonbau, 2. Aufl., Berlin 1910. – [5] Probst, Forscherarbeiten aus dem Gebiete des Eisenbetons, Heft 6.

Mörsch.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 8., Fig. 9.
Fig. 8., Fig. 9.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 739-740.
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739 | 740
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