Abd ul Medschid

[23] Abd ul Medschid, der 31. Sultan der Osmanen, geb. 19. April 1823, gest. 25. Juni 1861, folgte 1. Juli 1839 seinem Vater Mahmud II. auf dem Thron. Von der Gefahr, nach der Auflösung des türkischen Heeres bei Nisib durch die Ägypter in Konstantinopel selbst angegriffen zu werden, wurde A. durch das Einschreiten der europäischen Mächte befreit. Durch den Hattischerif von Gülhane (2. Nov. 1839) kündigte der von seiner Mutter, der Sultanin-Walide, die bis zu ihrem Tode (2. Mai 1853) die Geschäfte führte, und von Reschid Pascha geleitete A. die Fortführung des vom Vater begonnenen Reformwerkes an. Als sich A. in Krieg mit Rußland (s. Krimkrieg) verwickelt sah, erwirkten seine europäischen Ratgeber das zweite Staatsgrundgesetz des türkischen Reiches, den am 21. Febr. verkündeten Hattihumajun vom 18. Febr. 1856, der die Umgestaltung des Osmanenstaates im abendländischen Sinne vollenden sollte. Häufige Aufstände beunruhigten besonders Bosnien und die Herzegowina. Scheinbar sah A., der sich seit seiner Aufnahme in das europäische Konzert auf dem Pariser Kongreß (1856) »Seine Majestät« und »Kaiser« nennen ließ und von Zeit zu Zeit seine Staaten bereiste, seine Macht vermehrt. Mehemed Ali von Ägypten war 1849, sein Sohn Ibrahim schon 1848 gestorben; von ihren Nachfolgern Abbas I. (gest. 1854) und Said drohte keine Gefahr; Tripolis und Tunis fügten sich äußerlich ebenfalls der osmanischen Oberherrlichkeit; der Imam von Maskat erkannte die Oberhoheit der Pforte an, und die Araber von Aleppo bis Bagdad wurden unterworfen. Aber diese äußerlichen Erfolge maskierten nur dürftig den fortschreitenden Verfall, den die Haremswirtschaft mit ihrer Verschwendung und die Willensschwäche des gutmütigen Herrschers verschuldeten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 23.
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