Anschlag [1]

[557] Anschlag (Affiche, Plakat), jede öffentlich angeheftete oder angeklebte Bekanntmachung, für deren Druck man sich gewöhnlich großer, auffallender Schriften, sogen. Plakatschriften, häufig auch bunter Farbe und bunten Papiers bedient. Nordamerika und England waren die ersten Pflegstätten solcher, öfters auch illustrierten Riesenplakate, bei denen oft in den Hauptzeilen jeder Buchstabe einzeln gedruckt und angeklebt ist. In Frankreich ist gesetzlich das weiße Papier für die Veröffentlichungen der Verwaltungsbehörden vorbehalten, in einzelnen Städten Deutschlands, besonders in Berlin, das rote. In manchen Staaten ist die polizeiliche Genehmigung für die Anschläge nötig, in Rußland muß sie ihnen sogar beigedruckt sein. Jedoch wird auch in Staaten, wo die Zensur nicht erforderlich ist, diese von den Pachtern der Anschlagsäulen eingeholt, um nachträglichen Verboten und Strafen zu begegnen. In Deutschland und Österreich ist auf jedem A. der Name und Wohnort des Verlegers und Druckers notwendig. In Frankreich wird ein nach der Größe des Papiers abgestufter Affichenstempel erhoben. Im Deutschen Reich (Reichsstrafgesetzbuch, § 134) wird das böswillige Abreißen, die Beschädigung oder Verunstaltung amtlicher Anschläge, härter als nach französischem Recht, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 300 Mk. geahndet. – Schon Athen und Rom kannten die Anschläge; man ließ Gesetze und Senatsbeschlüsse in Tafeln von Erz und Marmor eingraben und diese alsdann auf den öffentlichen Plätzen ausstellen. In Rom benutzte man seit dem 15. Jahrh. den »Pasquino« genannten Statuentorso zu witzigen und satirischen Plakaten, auf die dann der »Marforio«, eine Flußgottstatue bei San Pietro, in entsprechender Weise antwortete. Auch in Frankreich waren die Plakate bereits vor Erfindung der Buchdruckerkunst im Gebrauch. Schon 1407 wurde ein königliches Patent erlassen, das das Anheften von aufrührerischen Plakaten verbot, und 1539 schrieb ein Edikt Franz' I. nicht nur ihren Gebrauch für öffentliche Erlasse vor, sondern ordnete auch an, daß man sich fortan hierzu der französischen Sprache und nicht mehr der bisher Üblichen lateinischen bedienen solle. Die Benutzung der Anschläge hat in neuerer Zeit ungemein zugenommen; neben den besonders dafür errichteten Säulen (Anschlagsäulen, in Berlin nach dem Begründer früher Litfaßsäulen genannt) auf Straßen und Plätzen bedient sich die Reklame auch transportabler Gestelle und Wagen, die bei Dunkelheit erleuchtet werden können, und Personen, die, mit Plakaten behängt, sich in den Hauptstraßen bewegen. 1892 wurden in Berlin sogen. Uraniasäulen errichtet, die mit dem Annoncenwesen gemeinnützige Zwecke (Zeit- und Wetterangaben u. dgl.) verbinden. Über die künstlerische Ausstattung der Anschläge s. Plakat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 557.
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