Bopp

[215] Bopp, Franz, der Begründer der indogermanischen Sprachwissenschaft, geb. 14. Sept. 1791 in Mainz, gest. 23. Okt. 1867 in Berlin, siedelte mit seinen Eltern nach Aschaffenburg über, wo Windischmann die Liebe zu orientalischen Studien in ihm entzündete, und ging 1812 nach Paris. Hier, wo er mit Chézy, Silvestre de Sacy, A. W. v. Schlegel u. a. verkehrte und die reichen dortigen Bücher- und Handschriftensammlungen benutzte, reifte seine bahnbrechende Schrift »Über das Konjugationssystem der Sanskritsprache«, die mit einer Vorrede seines Lehrers Windischmann (Frankf. a. M. 1816) erschien. König Max I. von Bayern gewährte ihm 1818 die Mittel zu einem Aufenthalt in London, wo er handschriftliche Studien machte, sein Konjugationssystem zu einer auch die Deklination umfassenden englischen Darstellung erweiterte und den Text (mit lateinischer Übersetzung) von »Nalas«, einer Episode aus dem Mahâbhârata (Lond. 1819), herausgab. Nach Bayern zurückgekehrt, erhielt er auf W. v. Humboldts Veranlassung 1821 eine außerordentliche Professur an der Universität zu Berlin, ward 1822 Mitglied der dortigen Akademie der Wissenschaften und 1825 ordentlicher Professor der orientalischen Literatur und allgemeinen Sprachkunde. Seine umfassende, einen Sprachkreis nach dem andern in zahlreichen Einzelschriften erobernde Tätigkeit fand seit 1833 ihren konzentrierten Ausdruck in dem Werke »Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Gotischen und Deutschen« (Berl. 1833–52, 6 Bde.; 3. Aufl. 1868–71, 3 Bde.; auch ins Englische wie 1866 von Bréal ins Französische übertragen). Daneben verfaßte er ein »Ausführliches Lehrgebäude der Sanskritsprache« (Berl. 1828), woran sich die lateinische »Grammatica critica linguae sanscritae« (das. 1829–32) und die »Kritische Grammatik der Sanskritsprache in kürzerer Fassung« (das. 1834, 4. Aufl. 1868) anschlossen. In seinem »Glossarium sanscritum« (Berl. 1830, 3. Aufl. 1866) lieferte er ein seine vergleichende Grammatik ergänzendes sprachvergleichendes Glossar. Aus dem Mahâbhârata veröffentlichte er außer dem Nalas die Episoden: »Indralokâgama, Ardschunas Reise zu Indras Himmel« (Berl. 1824); »Die Sündflut nebst drei andern der wichtigsten Episoden des Mahâbhârata« (das. 1829). Noch schrieb er: »Über die keltischen Sprachen« (Berl. 1839), wohl seine genialste Leistung; »Über die Verwandtschaft der malaiisch-polynesischen Sprachen mit dem Indogermanischen« (das. 1841); »Über die kaukasischen Glieder des indo-europäischen Sprachstammes« (das. 1847); »Über die Sprache der alten Preußen« (das. 1853); »Vergleichendes Akzentuationssystem« (das. 1854); »Über das Albanesische in seinen verwandtschaftlichen Beziehungen« (das. 1855). Am 16. Mai 1866 als dem 50. Jahrestag des Erscheinens seines »Konjugationssystems« wurde die der Förderung[215] der sprachwissenschaftlichen Forschungen gewidmete Bopp-Stiftung errichtet. Vgl. Lefmann, Franz Bopp (Berl. 1891–97).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 215-216.
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