Cicūta

[148] Cicūta L. (Wasserschierling, Wüterich), Gattung der Umbelliferen, hochwüchsige Stauden mit zwei- bis mehrfach fiederschnittigen Blättern, vielstrahligen weißblütigen Dolden mit unscheinbaren Hüllen und Hüllchen und fast kugeliger, zweiknöpfiger Frucht. Drei Arten in der nördlichen gemäßigten Zone. C. virosa L. (Wutschierling, Parzenkraut, Scherte, s. Tafel »Giftpflanzen I«, Fig. 1) hat einen dicken weißen, hohen, querfächerigen Wurzelstock, einen runden, hohlen, leicht gestreiften Stengel und sehr große, kahle, dreifach fiederteilige Blätter mit schmal lanzettförmigen, scharf gesägten Blättchen. Die Pflanze wächst an Flußufern, in Sümpfen, Gräben und Teichen von Nord- und Mitteleuropa bis Nordamerika und ist eine der gefährlichsten Giftpflanzen Deutschlands; sie riecht stark, betäubend, dillähnlich, schmeckt petersilienartig, später brennend. Die Wurzel ist der giftigste Teil der Pflanze; beim Zerschneiden fließt ein milchweißer Saft aus, der an der Luft gelb, zuletzt rötlich wird und unangenehm widerlich riecht. Der Genuß der frischen Wurzel verursacht Erbrechen, Schwindel, Bewußtlosigkeit, Lähmung, tiefes Coma, dann epileptiforme Krämpfe, Nackenstarre, nach mehreren Stunden Tod durch Aufhören der Atmung, auch der Herztätigkeit. Behandlung: Entleerung des Magens, dann Chloroform, Chloral etc. Wirksamer Bestandteil ist ein harzartiger Körper, das Cicutoxin. Ein aus der Wurzel dargestelltes ätherisches Öl besteht im wesentlichen aus einem Kohlenwasserstoff, Cicutēn, und ist nicht giftig; das ätherische Öl des Samens riecht wie römischer Kümmel und besteht aus Kummaldehyd und Cymol. In den europäischen Apotheken versteht man unter Herba Cicutae jederzeit das Kraut von Conium maculatum L. und nie das von C. virosa. Auch die C. der Römer war unser Conium, denn der Wasserschierling wächst gar nicht im Süden; die Namensverwechselung schlich sich im Mittelalter ein. Vgl. Regel, Beiträge zur Geschichte des Schierlings und des Wasserschierlings (Mosk. 1876–77).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 148.
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