Condorcet

[254] Condorcet (spr. kongdorßä), Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis von, franz. Gelehrter, geb. 17. Sept. 1743 in Ribemont bei St.-Quentin, gest. 6. April 1794, widmete sich vorzugsweise mathematischen Studien und erlangte, seit 1762 in Paris wohnhaft, durch seinen »Essai sur le calcul intégral« (1765), den er nachmals in erweiterter Form mit dem später erschienenen »Mémoire sur le problème des trois corps« in seinen »Essais d'analyse« veröffentlichte, die Aufnahme in die Akademie (1769), deren beständiger Sekretär er 1777 ward. Er schloß sich mit Leidenschaft den Enzyklopädisten und später der Revolution an und wurde von der Stadt Paris in die Gesetzgebende Versammlung gewählt. Als Deputierter im Nationalkonvent stimmte er meist mit den Girondisten. Nach dem Sturz dieser Partei als Brissots Mitschuldiger in Anklagestand versetzt, floh er, ward geächtet, fand aber bei einer Freundin, Madame Verney in Paris, acht Monate lang ein Asyl und schrieb hier mehrere Arbeiten, unter andern seine berühmte »Esquisse d'un tableau historique des progrès de l'esprit humain« (Par. 1794, neue Ausg. 1900; deutsch von Posselt, Tübing. 1796), worin er die unbegrenzte Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen darlegt. Endlich wurde er im Wirtshaus zu Clamart bei Bourg-la-Reine verhaftet und tags darauf tot (durch Gift) im Kerker gefunden. Vollständige Sammlungen seiner Schriften besorgten Garat und Cabanis (Par. 1804, 21 Bde.) und F. Arago unter Mitwirkung von A. Condorcet und O'Connor (das. 1847–49, 12 Bde.). Condorcets Briefwechsel mit Turgot gab Henry heraus (Par. 1883). Vgl. Robinet, C., sa vie, son œuvre (Par. 1897); Vial, C. et l'éducation démocratique (das. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 254.
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