Turgot

[810] Turgot (spr. türgo), Anne Robert Jacques, Baron de l'Aulne, franz. Staatsmann, geb. 10. Mai 1727 in Paris, gest. 8. März 1781, studierte Theologie, wandte sich jedoch 1751 den Rechtswissenschaften zu, worauf er 1752 in das Parlament trat. In seinen nationalökonomischen Studien neigte er zu Quesnays physiokratischer Schule. Von 1761–73 Intendant von Limoges, richtete er sein Hauptaugenmerk auf Entlastung, Hebung und Bildung des gemeinen Mannes, Gründung öffentlicher Wohltätigkeitsanstalten, Anlage von Kanal- und Wegebauten, Beförderung des Ackerbaues etc. Ludwig XVI. ernannte ihn kurz nach seiner Thronbesteigung 24. Aug. 1774 zum Generalkontrolleur der Finanzen (Finanzminister). Die Reformpläne Turgots umfaßten Dezentralisation und Selbstverwaltung, Reform des Steuerwesens, Beseitigung des Zunftzwanges u. a., verletzten aber alle, die dabei ein Opfer bringen sollten. Als 1775 infolge des vorjährigen Mißwachsens eine Teurung entstand, schob man die Schuld auf die Maßregeln des Ministers. Es kam zu mehreren Aufständen (dem sogen. Mehlkrieg, guerre des farines), denen die privilegierten Stände noch Vorschub leisteten. Von allen Plänen Turgots kamen so nur wenige, wenngleich wichtige Verbesserungen und Ersparungen in den Finanzen zur Ausführung, und der König sah sich durch den allgemeinen Widerstand der privilegierten Stände veranlaßt, seinen Minister im Mai 1776 plötzlich zu entlassen. T. widmete sich fortan wissenschaftlichen Arbeiten. Seine »Œuvres« veröffentlichten Dupont de Nemours (Par. 1808–11, 9 Bde.) und Daire (das. 1844, 2 Bde.); in deutscher Übersetzung (von Dorn) erschienen die »Betrachtungen über die Bildung und Verteilung des Reichtums« (Jena 1903). Vgl. Tissot, T., sa vie, son administration, ses ouvrages (Par. 1862); Jobez, La France sous Louis XVI, Bd 1: T. (das. 1877); Neymarck, T. et ses doctrines (das. 1885, 2 Bde.); Lafarge, L'agriculture an Limousin an XVIII. siècle et l'intendance de T. (das. 1903); Shepherd, T. and the six edicts (Lond. 1903); Westphalen, Turgots soziale Politik (Flensb. 1904); kleine Biographien von L. Say (3. Aufl., Par. 1904) und Robineau (das. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 810.
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