Eisenbahnarzt

[508] Eisenbahnarzt (Bahnarzt). Der ärztliche Dienst hat in den Eisenbahnverwaltungen die wünschenswerte Regel ung bisher noch nicht gefunden, insbes. fehlt vielfach die Vertretung in den obern Stellen der Verwaltung. In Österreich und Frankreich haben freilich die Direktionen Chefärzte, in Ungarn und Serbien sitzt ein Arzt in der obersten Verwaltung, in Amerika beginnt man, diesem Vorgehen sich zuzuneigen. Auch in Bayern leitet ein Chefarzt alle hygienischen Maß regeln; die übrigen deutschen Staaten stehen zurück. In Preußen hat die Neuordnung der Eisenbahnverwaltung von 1895 im ärztlichen Dienst wenig geändert. Jede Eisenbahndirektion teilt ihren Bezirk geographisch in Bahnarztbezirke; der Bahnarzt muß im Bezirk wohnen und behandelt Beamte, Arbeiter und deren Familien, stellt alle von der Verwaltung geforderten Gutachten aus, so bei der Annahme (Anstellung). bei Krankheiten, Beurlaubungen und Pensionierungen, ebenso gibt er die Zeugnisse, die zur Ausführung der sozialpolitischen Gesetze nötig sind; er beaufsichtigt die Rettungseinrichtungen, unterweist die Beamten in der Leistung der ersten Hilfe bei Unfällen und bewirkt die periodischen Untersuchungen auf Hör- und Sehvermögen. Für Behandlung von Augenkrankheiten werden meist Spezialisten gewonnen. Das Honorar wird nach der Zahl der Köpfe, der Zahl der bei der Anstellung zu untersuchenden Arbeiter sowie nach lokalen Verhältnissen berechnet. Die Haupt mängel der Einrichtung bestehen darin, daß der Bahnarzt eintritt, ohne eine Vorbildung in der speziellen Fachrichtung zu erhalten, daß auch eine obere Stelle fehlt, um ihn einzuführen und die gemeinsamen Erfahrungen zu verwerten. Das Dezernat in der Direktion verwaltet ein Jurist.[508]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 508-509.
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