Eisenkarbide

[559] Eisenkarbide (Eisenkarburete, Kohlenstoffeisen), Verbindungen des Eisens mit Kohlenstoff. Eisen verbindet sich mit Kohlenstoff (Diamant, Graphit oder amorpher Kohlenstoff) bei Rotglut und höherer Temperatur. Reines Eisen nimmt bei Schmelztemperatur höchstens 5 Proz. Kohlenstoff auf, zersetzt aber auch Kohlenstoffverbindungen (Kohlensäure, Kohlenwasserstoffe), um sich mit deren Kohlenstoff zu verbinden. Bei Kohlenoxyd geschieht dies nur, wenn Oxyde des Eisens zugegen sind, die unter Ausscheidung von Kohlenstoff reduziert werden, worauf letzterer sich mit dem Eisen verbindet. Kohlenstoffreiches Eisen gibt an kohlenstoffarmes Eisen Kohlenstoff ab, deshalb kohlt sich ein Stück Eisen durch seine ganze Masse hindurch, wenn es in Kohlepulver geglüht wird. Beim Schmelzen von Eisen mit überschüssigem Kohlenstoff entsteht FeC4 als dunkelgraues Metall von breitblätteriger Struktur; es ist[559] im Mörser pulverisierbar und bildet das Spiegeleisen. FeC3 findet sich im Cohenit und im geglühten Schmelz- und Schmiedestahl mit 0,1–3 Proz. Kohlenstoff und bildet weißglänzende, bis 1 mm lange Nadeln und Blättchen. Beim Lösen in Salzsäure wird der Kohlenstoff hauptsächlich in Form flüssiger Kohlenwasserstoffe abgeschieden. Fe3C2 findet sich oft im grauen Roheisen in Form gestrickter Oktaeder, es ist weniger spröde, weniger hart und weniger leicht schmelzbar als das vorige. Fe3C (Zementit) bildet sich bei der Abkühlung von Gußstahl, findet sich auch im geschmiedeten Stahl, bildet eisengraue magnetische Blättchen, löst sich nur in warmer Salzsäure und ist gegen Oxydationsmittel sehr empfindlich. Aus gehärtetem Stahl kann es nicht erhalten werden, es scheint sich also beim Erhitzen des Stahls auf helle Rotglut zu zersetzen. Die mikroskopische Untersuchung der verschiedenen Eisensorten hat zur Unterscheidung verschiedener Karbide geführt. Sehr kohlenstoffarmes Eisen besteht aus einzelnen polyedrischen Körnern von nahezu kohlenstofffreiem Ferrit. Bei steigendem Kohlenstoffgehalt tritt Perlit auf, bis bei 0,8–1 Proz. Kohlenstoff das ganze Metall aus Perlit besteht. Perlit ist aber zusammengesetzt aus abwechselnden, gekrümmten, parallelen Lagen von Ferrit und Zementit, von Ferrit und Sorbit oder von Sorbit und Zementit. Die Art des Glühens und Abkühlens beeinflußt das Auftreten und Verschwinden von Sorbit. Schreckt man Eisen oberhalb 700° plötzlich ab, so verschwindet der Sorbit, und es tritt aus seinen Nadeln bestehender Martensit auf, der wahrscheinlich eine feste Lösung von Kohlenstoff oder Zementit in Eisen ist. In Stahl mit 1,5 Proz. Kohlenstoff, der bei 1100° in Eiswasser abgeschreckt wurde, tritt neben Martensit auch Austenit auf. Eine Übergangsform zwischen Perlit und Martensit in mittelhartem Stahl ist der Troostit. Der verschiedene Kohlenstoffgehalt des Eisens bedingt die Unterschiede zwischen Roheisen (Gußeisen), Stahl und Schmiedeeisen. Ein durch Erhitzen von Eisenoxyd mit Teer erhaltenes Produkt, Eisenkarbid, angeblich FeC2, dient zur Darstellung von Kalium und Natrium.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 559-560.
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