Flottenmanöver

[715] Flottenmanöver, Übungen zur Förderung der Kriegsfertigkeit einer Flotte; neben der Ausbildung der Offiziere und Mannschaften werden auch seetaktische und seestrategische Aufgaben gelöst. Sie bestehen entweder, wie die Herbstübungen der Heere, aus einer einzigen kriegsmäßigen Übung gegen einen markierten Feind oder aus Einzelübungen ohne Zusammenhang. Zuweilen geht dem F. eine Mobilmachungsübung voraus. An den Flottenmanövern nehmen alle Arten von Kriegsschiffen teil; den Kern der mobilen Flotte bilden mehrere Panzergeschwader von je 6–8 Linienschiffen. Den Sicherheits- und Aufklärungsdienst versehen Gruppen von großen und kleinen Kreuzern; außerdem werden jeder Flotte Torpedobootszerstörer u. Hochseetorpedoboote beigegeben. Alle Schiffe machen zunächst gemeinsame Fahrtübungen und Evolutionen, d. h. Bewegungen, um Marsch- und Gefechtsausstellungen einzunehmen und zu ändern. Auch Schießübungen gehören zu den Flottenmanövern; ferner nächtliche Torpedobootsangriffe gegen die Schiffe mit Ziel- und Abkommübungen an den Schnellfeuergeschützen und Torpedorohren. Bei den taktischen Übungen manövrieren zwei Parteien gegeneinander; dabei werden Gefechtsformen erprobt, bei denen die Waffen der einzelnen Schiffe am wirkungsfähigsten sind. Bei den strategischen Übungen handelt es sich um Aufgaben, die von der seepolitischen Lage und von der Seemacht des betreffenden Seestaates abhängig sind. F. werden jährlich bei allen Seemächten in großem Maßstabe durchgeführt. Die F. der deutschen Flotte dauern 4–6 Wochen und finden gleichzeitig mit den Herbstmanövern des Heeres statt; zuerst werden taktische Übungen, Schießübungen, Torpedobootsangriffe etc. ausgeführt. Später folgen strategische Manöver, die sich auf den Küstenschutz, die Brauchbarkeit des Kaiser Wilhelm-Kanals, Blockadeabwehr und Verteidigung der Reichskriegshäfen beziehen. Im Sommer 1903 nahmen an den deutschen Flottenmannövern teil: 10 Linienschiffe, 4 Küstenpanzerschiffe, 3 große und 7 kleine Kreuzer und etwa 24 Torpedoboote.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 715.
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