Fluoreszeïn

[726] Fluoreszeïn (Resorzinphthaleïn) C20H12O5 oder C6H4.CO.C.C6H3(OH).O.C6H3(OH).O entsteht beim Erhitzen von Resorzin C6H4(OH)2 mit Phthalsäureanhydrid C6H4.CO.O.CO auf 190–200°. Es bildet dunkelgelbe Kristalle, löst sich schwer in Wasser, Alkohol und Äther, leicht in heißem Eisessig, mit gelbroter Farbe und prachtvoll grüner, auch in stärkster Verdünnung wahrnehmbarer Fluoreszenz in Alkalien. Bei 290° zersetzt es sich, reduzierende Mittel verwandeln es in farbloses Fluoreszin. F. ist eine schwache Säure und bildet nicht gut charakterisierte Salze. Sein Natronsalz, das Uranin C20H10O5Na2, färbt Seide und Wolle gelb mit einem Stich ins Rötliche. Tetrabromfluoreszeïn C20H8Br4O5 (Eosin) scheidet sich als gelbrote kristallinische, in Wasser kaum lösliche Masse aus, wenn man F. in Alkohol verteilt und langsam Brom zufließen läßt, und gibt, in möglichst wenig Natronlauge gelöst, Tetrabromfluoreszeïnnatrium C20H6Br4O5Na2., das beim Verdampfen der Lösung als kristallinisches Pulver zurückbleibt (gelbstichiges [wasserlösliches] Eosin). Auch die niedern Bromierungsstufen sind schön rote Farbstoffe, deren Nuance um so gelblicher ist, je weniger, und um so blauer, je mehr Brom sie enthalten. Aus den Salzen des Tetrabromfluoreszeïns fällt Schwefelsäure die Farbsäure, Essigsäure zersetzt die Salze unvollständig, Blei, Zinn, Tonerde bilden schön gefärbte unlösliche Lacke. Die Eosine geben in schwach saurem Bad auf Wolle und Seide prachtvoll rote Nuancen, auf Seide mit eigentümlicher gelbroter Fluoreszenz. Die Alkalisalze des Tetrajodfluoreszeïns bilden das blaustichige (wasserlösliche) Eosin (Erythrosin, Dianthin), das viel blauere Nuancen liefert als die Bromverbindung. Es läßt sich mit Tonerdelack auf Baumwolle befestigen und wird daher in der Baumwoll- und Papierfärberei viel benutzt. Die Lösung von Tetrabromfluoreszeïnnatrium mit salpetersaurem Natron und Schwefelsäure erhitzt, gibt Bromnitrofluoreszeïn C20H8Br2(NO2)2O5 in kleinen, gelben, in Alkohol schwer löslichen Nadeln. Das Natriumsalz. dessen wässerige Lösung nicht fluoresziert, färbt Wolle intensiver und bläulicher, auch licht- und waschechter als Eosin. Es ist als Safrosin (Eosinscharlach, Ecarlate, Kaiserrot, Lutetienne) im Handel. Durch Behandeln der Eosinsalze mit Chlor- oder Jodmethyl oder mit Methylalkohol und Salzsäure entsteht Methyltetrabromfluoreszeïn C21H10Br4O5 (Erythrin, spritlösliches Eosin, Methyleosin), dessen Kalisalz sich in 50proz. Weingeist löst. Es gibt glänzendere und echtere Töne als das wasserlösliche Eosin. Die Äthylverbindung ist als Primerose (Spriteosin) C22H11Br4O5K im Handel. Mit Hilfe von gechlorten Phthalsäuren erhält man Di- und Tetrachlorfluoreszeïne und durch Bromieren der letztern Tetrabromverbindungen, deren wasserlösliche Alkalisalze die Phloxine bilden. Die Äthyläther, die wie die Eosinäther in verdünntem Alkohol löslich sind, werden als Cyanosine benutzt, die Tetrajodderivate des Di- und Tetrachlorfluoreszeïns als Rose bengale. Alle diese Farbstoffe geben blaustichige,[726] prachtvoll rosenrote Nuancen und werden besonders in der Seidenfärberei benutzt. Durch Behandeln mit Schwefelnatrium geschwefeltes Dichlorfluoreszeïn gibt beim Bromieren bläulichrotes Cyclamin. – Mit Salzen der schweren Metalle gibt Eosin gelbrote bis rote Niederschläge (Eosinlacke). Zinklack ist rosa bis dunkelrot, Tonerdelack zinnoberrot; er widersteht der Hitze und schwefelhaltigen Dämpfen und eignet sich zum Färben von Kautschuk. Behandelt man chromsaures Zink mit alkalischer Eosinlösung, setzt Alaun hinzu und verdampft zur Trockne, so erhält man gelbe bis lebhaft rote Lacke, welche die verschiedenen Chrombleifarben ersetzen können und auch recht lichtbeständig sind. Die Eosinfarbstoffe wurden 1873 von Baeyer entdeckt und von Caro in die Farbentechnik eingeführt. 1875 wies Hofmann ihre Zusammensetzung nach.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 726-727.
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