Horātius [1]

[546] Horātius, altpatriz. Geschlecht in Rom, latinischen Ursprungs, von dem eine Tribus den Namen Horatia bekam. Die bekanntesten Träger dieses Namens sind:

1) Die drei Hora tier, Drillingssöhne des Publius H., die nach einer römischen Sage zur Zeit des Tullus Hostilius (672–640 v. Chr.), um den Krieg zwischen Rom und Albalonga zur Entscheidung zu bringen, mit den albanischen Curiatiern (Curiatii), ebenfalls Drillingsbrüdern, angesichts der beiden Heere kämpften; durch eine List gelang es nach dem Tode seiner zwei Brüder dem überlebenden Horatier, die Curiatier einzeln zu töten und so seinem Vaterlande den Sieg und die Oberherrschaft über Albalonga zu verschaffen. Die Gräber der beiden Horatier und der drei Curiatier sowie der sogen. Horazische Pfeiler, an dem die Spolien der Curiatier aufgehängt worden waren, waren noch zu des Livius Zeit vorhanden (s. Tafel »Architektur IV«, Fig. 9).

2) Marcus, nach Dionysios ein Nachkomme des Besiegers der Curiatier, mit dem Beinamen Pulvillus, war 509 v. Chr. einer der ersten römischen Konsuln und weihte als solcher (nach Dionysios erst in seinem zweiten Konsulat, im J. 507) den von Tarquinius[546] Superbus auf dem Capitolium erbauten Tempel des Jupiter.

3) Publius, mit dem Beinamen Cocles (der Einäugige), ebenfalls ein Nachkomme des Besiegers der Curiatier, nach Dionysios ein Bruder des vorigen, rettete, als 507 v. Chr. die Etrusker unter Porsena bereits den Janiculus erstiegen und die Römer in die Flucht geschlagen hatten, die Stadt dadurch, daß er der Sage nach allein die Sublicische Brücke so lange gegen die andringenden Feinde verteidigte, bis die Römer sie hinter ihm abgebrochen hatten, worauf er sich in den Strom stürzte und zu den Seinigen hinüberschwamm. Seine Mitbürger errichteten ihm nicht nur ein ehernes Standbild auf dem Comitium, das Plinius das erste öffentlich in Rom geweihte neben dem der Clölia nennt, sondern belohnten ihn auch durch Schenkung von so viel Land, als er an einem Tage umpflügen konnte.

4) Gajus H. Pulvillus, Sohn von H. 2), schlug, zum erstenmal Konsul mit T. Menenius, 477 v. Chr. die Etrusker und in seinem zweiten Konsulat 457 die Aquer. Er starb 456.

5) Marcus H. Barbatus, Bruder des vorigen, neben L. Valerius (Publicola) Gegner der Dezemvirn, vermittelte, nachdem jene zum Rücktritt genötigt worden, mit Valerius den Frieden zwischen den Patriziern und den (zum zweitenmal) auf den Heiligen Berg ausgewanderten Plebejern und ward darauf mit Valerius Konsul (449) und Miturheber der Leges Horatiae et Valeriae, die bestimmten, daß die Beschlüsse der Tribus für das ganze Volk bindend sein und keine Obrigkeiten ohne Berufungsrecht ernannt werden sollten. Nach Ordnung der innern Angelegenheiten kämpfte er glücklich gegen die Sabiner. Er ist der letzte Horatier, der sich in der politischen Geschichte einen Namen gemacht hat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 546-547.
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