Schenkung

[737] Schenkung (Donatio), im weitern Sinne jeder Akt der Liberalität, d.h. jede Handlung, vermöge deren man jemand aus freier Gunst irgendwelchen Vorteil zuwendet; im engern und eigentlichen Sinne jede Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen andern bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgen soll. Ohne direkte oder indirekte Annahme kommt also keine S. zustande (Bürgerliches Gesetzbuch, § 516). Verzichtet jemand zugunsten eines andern auf einen Vermögenswert oder auf ein angefallenes, aber noch nicht endgültig erworbenes Recht, so liegt keine S. vor. Falls nicht der geschenkte Gegenstand sofort übergeben wird, ist zur Gültigkeit des Schenkungsversprechens gerichtliche oder notarielle Beurkundung erforderlich. Wird durch die Erfüllung des Schenkungsversprechens der Schenker in seiner Existenz gefährdet oder ihm die Erfüllung obliegender Unterhaltspflichten unmöglich gemacht, so kann er das Schenkungsversprechen zurücknehmen; verarmt der Schenker später, so kann er die Herausgabe des Geschenkes verlangen, es sei denn, daß der Schenker an seiner Verarmung schuld ist, oder daß 10 Jahre seit der Schenkung verflossen sind. Verschweigt der Schenker arglistig einen Mangel oder einen Fehler des Geschenkes, so haftet er für den daraus dem Beschenkten entstehenden Schaden. Bei Schenkungen unter einer Auflage (s. d.) kann der Schenker nach erfolgter S. die Vollziehung der Auflage verlangen, es sei denn, daß das Geschenk an einem Mangel leidet. Wird die Auflage nicht ausgeführt, so kann der Schenker die Rückgabe des Geschenkes verlangen. Widerrufen kann eine S. durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten werden, wenn dieser Beschenkte sich groben Undankes gegen den Schenker oder dessen nahe Angehörige schuldig macht; die Erben des Schenkers können die S. nur widerrufen, wenn der Beschenkte den Schenker vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder ihn am Widerruf gehindert hat. Ausgeschlossen ist der Widerruf bei Verzeihung nach Ablauf eines Jahres seit Kenntnisnahme vom Eintritt der Widerrufsmöglichkeit und nach dem Tode des Beschenkten. Schenkungen, durch die einer sittlichen oder Anstandspflicht entsprochen wird, können weder zurückgefordert, noch widerrufen werden. Auf eine S. von Todeswegen, d.h. die unter der Bedingung versprochen wird, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die Bestimmungen über Testament und letztwillige Verfügung (s. Testament) Anwendung. Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch, § 516–534. Bezüglich der S. an juristische Personen und an die Tote Hand (s. d.) sind durch Art. 86 u. 87 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch die landesgesetzlichen Vorschriften aufrecht erhalten worden, die sie in Höhe von über 5000 Mk. beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen. S. auch Geschenke. In Österreich müssen Schenkungen, um klagbar zu sein, schriftlich abgeschlossen, Schenkungen zwischen Ehegatten in Form eines Notariatsaktes errichtet werden, ebenso auch andre Schenkungen ohne gleichzeitige Übergabe; ein Vertrag, wodurch das künftige Vermögen verschenkt wird, besteht nur bis zur Hälfte des Vermögens zu Recht. Schenkungen können widerrufen werden wegen Dürftigkeit, wegen Undankes, wegen Verkürzung des Unterhaltes, den der Geschenkgeber Dritten zu reichen schuldig ist, wegen Verletzung des Pflichtteils, wegen Benachteiligung der Gläubiger und wegen nachgeborner Kinder; vgl. § 938–956 des österreichischen Bürgerlichen Gesetzbuches und § 3, Ziffer 1, des Anfechtungsgesetzes vom 16. März 1884 und Gesetz vom 25. Juli 1871 Vgl. Pollack, Der Schenkungswiderruf (Berl. 1886); Burckhardt, Zum Begriff der S. (Erlang. 1899); Haymann, Die S. unter einer Auflage nach römischem und deutschem bürgerlichen Recht (Berl. 1905). – Über die Besteuerung der S. s. den folgenden Artikel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 737.
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