Intensīv

[882] Intensīv (lat., intensivisch), stark, innerlich, der innerlichen Kraft nach, innerlich wirkend, Gegensatz von extensiv (s. d.); daher intensive Größe, eine Größe, die Inhalt oder innere Kraft besitzt, im Gegensatz zur räumlich ausgedehnten oder extensiven Größe. Im volkswirtschaftlichen Sinn ist i. ein relativer Begriff, der im Gegensatz zu extensiv die Verwendung einer größern Menge von Kapital und Arbeit (oder eines von beiden: kapital-, arbeitsintensiv) auf Ausbeutung eines gegebenen Wirtschaftsgebiets (Grundstück, Eisenbahnlinie etc.) bedeutet. Zweck des Mehraufwandes ist die Erzielung eines größern Ertrags. Man kann darum auch denjenigen Betrieb den intensivern nennen, der unter sonst gleichen Umständen einen größern Ertrag ergibt. Der englische Eisenbahnbetrieb z. B. ist ein kapital-intensiverer als der deutsche, während wieder der amerikanische im allgemeinen extensiver ist als der letztere. Bei starkem Verkehr, hohem Bodenpreis und Arbeitslohn sucht man in England durch Anwendung solider und teurer Konstruktionen und Anstalten bei Bau und Betrieb an Arbeit und Areal zu sparen; in Amerika ist man dagegen bei hohem Zinsfuß und geringer Frequenz bestrebt, möglichste Wohlfeilheit zu erzielen. Die Forstwirtschaft wird intensiver durch Anbau wertvollerer Holzarten, größere Pflege (Durchforstungen) und sorgsamere Ernte. In der Landwirtschaft ist z. B. die Dreifelderwirtschaft mit Brache extensiver als diejenige ohne Brache oder als die Fruchtwechselwirtschaft mit alljährlicher Bestellung des ganzen anbaufähigen Landes etc. (vgl. Landwirtschaftliche Betriebssysteme und Landwirtschaftliche Betriebserfordernisse). Der intensivste Betrieb ist nicht gerade immer der vorteilhafteste. Im allgemeinen läßt sich zwar der Rohertrag durch vermehrte Kapital- und Arbeitsverwendung steigern, aber jeweilig bei gegebenen Hilfsmitteln nicht über eine gewisse Grenze hinaus, dann wird er trotz des Mehraufwandes sinken (Lagerung des Getreides bei zu starker Düngung, Verringerung des Frucht- und Holzertrags bei zu dichtem Stand wegen gegenseitiger Verkümmerung der Pflanzen etc.). Mit dem Ertrag nimmt aber auch der Aufwand zu und zwar so, daß, während der Rohertrag noch steigt, der Reinertrag schon zu sinken beginnen kann. Solange noch jeder weitere Mehraufwand von dem hierdurch erzielten Mehrertrag überwogen wird, ist der Übergang zu intensiverm Betrieb gerechtfertigt. Sobald aber der letzte Mehraufwand durch den letzten Mehrertrag verschluckt wird, ist der Punkt gegeben, bei dem der größte Reinertrag erzeugt wird und weitere Steigerung der Intensität unvorteilhaft werden würde. Sinken der Preise, Zunahme der Kosten nötigen zu extensiverm Betrieb, Erhöhung der Preise, Minderung der Kosten machen den intensivern rentabler. Aus diesem Grund ist die landwirtschaftliche Kultur in vorgeschrittenen Ländern mit dichter Bevölkerung und hochentwickelter Industrie eine sehr intensive, extensiv dagegen da, wo die bessern Hilfsmittel des Bodenbaues von außen bezogen werden müssen und verhältnismäßig teuer sind, während die Produktenpreise nicht sehr hoch stehen (fast alle Ackerbauländer, in denen der Gewerbebetrieb von geringer Bedeutung ist). Auf besserm Boden (Ebene, gute Beschaffenheit des Erdreichs etc.) kann intensiver gewirtschaftet werden als auf schlechterm (starke Neigung, Magerkeit etc.). Die Gesetze der Intensität hat vorzüglich v. Thünen (s. d.) in seinem Werk »Der isolierte Staat« klargelegt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 882.
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