Interdikt

[882] Interdikt (lat., »Untersagung«), im katholischen Kirchenrecht soviel wie Verbot gottesdienstlicher Handlungen. Ein solches wurde in frühern Zeiten öfters in Ansehung eines bestimmten Bezirks erlassen (interdictum locale); nach dem Umfang des letztern, und je nachdem dadurch ein ganzes Land, eine Provinz, eine Stadt oder nur eine einzelne Kirche betroffen wurden, unterschied man zwischen Interdictum generale und particulare. Nach einem derartigen Verbot durfte im Mittelalter kein Gottesdienst gehalten, durften mit Ausnahme des Bußsakraments und der Wegzehrung an reumütig Sterbende keine Sakramente gespendet und kein christliches Begräbnis gewährt werden. Dieses I. war in den Händen der Päpste eine furchtbare Waffe gegen die weltlichen Fürsten in einer Zeit, in der das Interesse an der Kirche und ihren Instituten noch das ganze Leben beherrschte, so daß das Volk eine Sistierung des Gottesdienstes und der ganzen darauf bezüglichen Verhältnisse selten lange zu ertragen vermochte. Gegenwärtig ist das I., das übrigens schon seit dem 12. Jahrh. vielfach gemildert wurde, außer Gebrauch. Dagegen wird es als sogen. Interdictio ingressus in ecclesiam heutzusage noch gegen einzelne Geistliche zur Anwendung gebracht, indem es den dadurch betroffenen Geistlichen an der Vornahme gottesdienstlicher Handlungen in der Kirche verhindert. – Im römischen Recht[882] ist Interdictum soviel wie Verbot, besonders aber ein vom Prätor auf Antrag einer Partei an eine andre erlassener gebietender oder verbietender Befehl. Der Interdiktenprozeß war eine durch Raschheit ausgezeichnete Form des römischen Zivilprozesses.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 882-883.
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