Kaschgar

[707] Kaschgar, Hauptstadt von Kaschgarien im chinesischen Ostturkistan (s. d.), unter 39°27' nördl. Br. und 76° 2' östl. L., 1304 m ü. M., 170 km nordwestlich von Jarkand, am Kaschgarfluß, in einer an Korn und Früchten reichen Gegend, besteht aus der auf hohem Flußufer schon 1513 erbauten Altstadt (Kunaschar) am rechten Flußufer und der Neustadt (Jangischar) 8 km südlich davon. Erstere, von einer hohen Lehmmauer umgeben, hat enge, krumme und schmutzig e Straßen mit elenden Hütten, aus denen nur der Palast des Gouverneurs und eine Karawanserei, beide von Jakub Beg erbaut, hervorragen. In der tiefer gelegenen Neustadt nimmt die 1838 von den Chinesen erbaute, mit dicken Lehmmauern versehene Zitadelle den größten Raum ein. K. hat 17 Medressen, 70 Schulen, ein Gefängnis, Karawansereien, ein russisches Generalkonsulat, ein von der kaiserlich russischen Geographischen Gesellschaft 1887 errichtetes Denkmal des hier 26. Aug. 1857 ermordeten Reisenden Adolf Schlagintweit und 60–70,000 Einw. (Türken, Chinesen, Chokaner etc.). Die gewerbliche Tätigkeit erzeugt Gold- und Silberstoffe, Gold- und Silberdraht, Baumwoll-, Seiden- und Leinenzeuge und Teppiche. K. ist Knotenpunkt der Handelsstraßen über die westlichen Gebirge und wurde von Jakub Beg zur Hauptstadt des von ihm gegründeten Reiches (s. Ostturkistan) gemacht. Doch hat sich der Handel, namentlich mit Baumwolle, neuerdings nach Jarkand gezogen. – Um 640 errichtete der chinesische Kaiser Tai Tsung in K., dem Knotenpunkt zweier Straßen durch das Tarymbecken und wichtigem Stapelplatz, eine Statthalterei; doch wechselte der Grad der Abhängigkeit von China mit dessen schwankenden Machtverhältnissen. Für die Geschichte der Ausbreitung der Religian ist der Übertritt Satuks, des türkischen Herrschers von K. (gest. 1037), zum Mohammedanismus wichtig: er entschied den Sieg des Islams bei den Turktataren Hochasiens. 1218 durch Dschengis-Chan niedergeworfen, gehörte K. anderthalb Jahrhunderte zum Reiche Dschagatai, machte sich um 1360 selbständig, hatte aber 1375/76 stark unter Angriffen Timurs zu leiden. Im ausgehenden 17. Jahrh. geriet K. in die Gewalt der Kalmücken (Ölöthen), bis 1758 die chinesische Bevormundung von neuem festgestellt wurde. 1864 durch Kirgisen genommen, denen Busuruk Chan aus Khokand die Beute abjagte, wurde K. binnen kurzem die Residenz des aus den Dunganenwirren dauernden Profit ziehenden Jakub Beg (s. d.). Doch 1878 war die Herrschaft der Chinesen wieder hergestellt. Anfang Januar 1905 rückten widerrechtlich russische Truppen in K. ein. Vgl. Kuropatkin, Das Kaschgarland (St. Petersb. 1879; engl. Übersetzung, Lond. 1883); A. Stein, Sand-buried ruins of Khotan (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 707.
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