Kopf, Joseph, Bildhauer

[463] Kopf, Joseph, Bildhauer, geb. 10. März 1827 zu Unlingen im württemberg. Donaukreis als Sohn eines Ziegelbrenners, gest. 2. Febr. 1903 in Rom, arbeitete sich unter größten Entbehrungen durch den Stand des Handlangers, Maurers und Steinhauers zum Bildhauer empor und trat 1850 in das Atelier des Bildhauers Sickinger in München, später in das Knittels in Freiburg i. Br., wo er auf der Universität zugleich anatomische Vorträge hörte. Zu Fuß wanderte er 1852 nach Rom; hier erregte seine erste selbständige Arbeit, ein sitzender Christus, Cornelius' Aufmerksamkeit. Durch dessen und Overbecks Verwendung wurde ihm Unterstützung zuteil; auch war es ihm vergönnt, noch eine Unterweisung bei dem Bildhauer Martin Wagner zu genießen. 1855 bestellte der damalige Kronprinz von Württemberg die Figuren der Jahreszeiten für die königliche Villa bei Berg. Andre Aufträge schlossen sich an und veranlaßten den Künstler, seinen Wohnsitz dauernd in Rom aufzuschlagen. Unter Kopfs zahlreichen Werken sind außer den genannten die hervorragendsten: eine Brunnengruppe in der Villa Oranienbaum bei St. Petersburg; Mädchen, vor einer Eidechse zurückschreckend, im Schloß Rosenstein bei Stuttgart; griechische Tänzerin ebendaselbst; zwei Marmorkamine mit den Figuren der vier Elemente im königlichen Schloß zu Stuttgart; eine Pietà für die neue katholische Kirche daselbst. Von Kopfs Porträtstatuen, Büsten und Reliefporträten, deren er über 300 ausgeführt, sind hervorzuheben: die Büsten des deutschen Kaisers Wilhelm I. und der Kaiserin Augusta, des Königs und der Königin von Württemberg, der Mitglieder der großherzoglichen Familien von Baden und Sachsen etc. sowie der Schriftsteller Schnaase, Lübke, Gregorovius, des Propstes Döllinger. Das eigentliche Gebiet seiner Kunst war außer der Bildnisdarstellung das des Anmutigen, Zarten, Jugendlichen, auf dem er sich mit plastischem Verständnis und poetischer Empfindung bewegte. Er gab heraus: »Lebenserinnerungen eines Bildhauers« (Stuttg. 1899). Seine hinterlassene Kunstsammlung, meist antike Bildwerke, beschrieb Pollak (»Joseph v. K. als Sammler«, Rom 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 463.
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