Lötrohr

[731] Lötrohr, ein Metallrohr zum Anblasen der Flamme beim Löten und bei der Analyse von Mineralien und andern Körpern. Als L. kann ein etwas konisches, am dünnern Ende rechtwinklig gebogenes Metallrohr dienen, in der Regel aber steckt man ein gerades, etwas konisches, mit Mundstück versehenes Messingrohr mit seinem schwächern Ende in einen erweiterten zylindrischen Körper (Wassersack), der als Sammler der aus der ausgeatmeten Luft sich absetzenden Feuchtigkeit dient und eine zweite Öffnung besitzt, in der rechtwinklig zu dem erstern Rohr ein kurzes, dünnes, ebenfalls konisch zulaufendes Rohr mit einer sein durchbohrten Platinspitze steckt. Letztere hält man an den Mantel der Öl-, Spiritus- oder Gasflamme, während man durch das Mundstück einen gleichmäßigen starken Luftstrom erzeugt. Die Länge des Lötrohrs richtet sich nach der Weite des deutlichen Sehens und beträgt gewöhnlich 20–25 cm. An der erzeugten Stichflamme unterscheidet man die innere Reduktions- und die äußere Oxydationszone, in der vollständige Verbrennung stattfindet und überschüssiger Sauerstoff vorhanden ist. Im Innern der Flamme befinden sich noch unverbrannte Gase, und diese wirken bei völliger Abwesenheit von Sauerstoff reduzierend, indem sie bei der hohen Temperatur auf Kosten des erhitzten Körpers zu verbrennen suchen. Man bläst mit Hilfe der Wangenmuskeln und muß während des Blasens ruhig atmen, damit die Flamme nicht gestört wird. Man benutzt aber auch Gebläse, am besten zwei Gummibälle, deren einer als Windsack dient. Die vor dem L. zu untersuchenden Substanzen erhitzt man auf Holzkohle, auf Platinblech oder in einem Platindrahtöhr entweder allein oder mit Lötrohrreagenzien (Soda, Phosphorsalz, Borax) und schließt aus den Erscheinungen, die hierbei auftreten, auf die Natur und die Bestandteile des Körpers. Man beachtet das Verhalten in der Oxydations- und Reduktionsflamme, die Schmelzbarkeit, Flüchtigkeit, das Verhalten des aus Oxyden reduzierten Metalls, die Bildung eines Beschlages von Metalloxyd auf der Kohle, die Beschaffenheit der im Platindrahtöhr gebildeten Phosphorsalz- oder Boraxperle etc. Die Lötrohranalyse liefert sofort Resultate. Diese sind meist nur qualitativer Art und oft nur andeutend, doch kann man einige Körper auch quantitativ mit dem L. bestimmen. Das L. wurde zuerst 1670 von Erasmus Bartholin benutzt und in Schweden bald als wichtige Hilfe bei mineralogischen und chemischen Untersuchungen geschätzt. Gahn, der dem L. seine jetzige Gestalt gab, legte auch den Grund zu dessen wissenschaftlichem Gebrauch. Berzelius veröffentlichte Gahns Methode und 1820 ein eignes Werk über das L. Harkort zeigte 1827, daß das L. auch zu quantitativen Untersuchungen zu benutzen sei, und Plattner erweiterte seine Methode und gab dem L. das Mundstück. Vgl. Plattner, Die Probierkunst mit dem L. (6. Aufl. von Kolbeck, Leipz. 1897); Kerl, Leitfaden bei qualitativen und quantitativen Lötrohruntersuchungen (2. Aufl., Klausthal 1877); Kobell, Tafeln zur Bestimmung der Mineralien (14. Aufl. von Öbbeke, Münch. 1901); Landauer, Lötrohranalyse (2. Aufl., Berl. 1881); Roß, Das L. in der Chemie und Mineralogie (deutsch, Leipz. 1889); Hirschwald, Anleitung zur systematischen Lötrohranalyse (das. 1891); Redlich, Anleitung zur Lötrohranalyse (2. Aufl., Leoben 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 731.
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