Lemnos

[400] Lemnos (jetzt Limno, türk. Lemni, ital. Stalimene), Insel im Ägäischen Meer (s. Karte »Griechenland«), zum türk. Insel-Wilajet gehörig, umfaßt 454 qkm und ist durch zwei tiefe Buchten gegliedert. Sie besteht aus stark gefalteten und verworfenen Sandsteinen eocänen und kretaceïschen Alters, in denen Trachyte in Gangform aufsetzen. L. ist niedrig (bis 430 m), in den Tälern fruchtbar, reich an Weiden, aber baumlos. Produkte sind: Getreide, Öl, Seide, Trauben, Feigen, Honig, Wachs; ausgeführt wird Getreide, Sesam, Käse und Wolle. Die sogen. Terra Lemnia oder Siegelerde, eine Art Bolus (s. d.), wurde im Altertum und Mittelalter ausgeführt und soll noch heute gegen Wunden und Schlangenbiß gebraucht werden. Die meist armen Einwohner, etwa 27,000, sind bis auf 2500 Mohammedaner orthodoxe Griechen und beschäftigen sich mit Ackerbau und Fischerei; die Frauen (berühmt wegen ihrer Schönheit) weben Baumwollenstoffe. Der gleichnamige Hauptort auf der Westküste (gewöhnlich Kastro genannt) ist Sitz der Behörden und eines griechischen Bischofs und hat einen mäßigen Hafen mit mittelalterlichem Schloß. – Die Insel L. war im Altertum dem Hephästos heilig. Der Sage nach fanden die Argonauten (s. d.) auf ihr bloß Weiber, die ihre treulosen Männer ermordet hatten und als Amazonen lebten (vgl. Hypsipyle). In Wahrheit war die von der griechischen Kolonisation nicht berührte Insel von Tyrrhenern (Etruskern), die durch Räuberei das Meer unsicher machten, bewohnt, als Miltiades sie eroberte und mit Attikern besetzte. Später kam sie an das mazedonische Reich und mit diesem an die Römer. Städte des alten L. waren Myrina (jetzt Kastro) auf der Westküste und Hephästia auf der Nordküste.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 400.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: