Nationalsoziale Partei

[445] Nationalsoziale Partei, eine aus den Kreisen der christlich-sozialen Arbeiterpartei (s. Christlich-soziale Reformbestrebungen) des Evangelisch-sozialen Kongresses (s. d.) und der evangelischen Arbeitervereine (s. d.) hervorgegangene Vereinigung, die von den sogen. Jungen namentlich des evangelisch-sozialen Kongresses in einer Zusammenkunft 23.–25. Nov. 1896 unter Führung F. Naumanns, Göhres und Sohms gegründet wurde. Was sie von jenen unterscheidet, ist das Streben nach kräftigerer politischer Betätigung ihrer Anschauungen, eine starke Neigung für den Emanzipationskampf der Lohnarbeiter und der Gegensatz gegen den ostpreußischen Konservativismus. Im Gegensatz zur Sozialdemokratie steht jedoch der nationalsoziale Verein auf nationalem und christlichem Boden und fordert eine feste und stetige auswärtige Politik und deshalb ungeschmälerte Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht, angemessene Vermehrung der deutschen Kriegsflotte, Erhaltung und Ausbau der deutschen Kolonien; Unantastbarkeit des allgemeinen Wahlrechts zum Reichstag und Ausdehnung auf Landtage und Kommunalvertretungen, ungeschmälerte Erhaltung der staatsbürgerlichen Rechte aller Staatsbürger; Vergrößerung des Anteils der Arbeiter an dem Gesamtertrag der deutschen Volkswirtschaft durch fortgesetzte politische, gewerkschaftliche und genossenschaftliche Arbeit auf Grund der bestehenden Verhältnisse; Regelung der Frauenfrage im Sinn einer größern Sicherung der persönlichen und wirtschaftlichen Stellung der Frau und ihre Zulassung zu solchen Berufen und Stellungen, in denen sie für ihr eignes Geschlecht wirksam werden[445] kann; Betonung des Christentums als Macht des Friedens und der Gemeinschaftlichkeit. Organ des Vereins ist die Wochenschrift »Die Hilfe«; das zweite Organ: »Die Zeit« (Tageszeitung), ist im Oktober 1897 eingegangen. Die Wirkung der Partei auf die Massen war aber so gering, daß der Vertretertag der nationalsozialen Partei 29. Aug. 1903 beschloß, die Partei aufzulösen und den Parteigenossen den Anschluß an die Freisinnige Vereinigung (s. d.) zu empfehlen. Jedoch blieb die Parteiorganisation an einigen Orten, namentlich Süddeutschlands, bestehen. Vgl. Naumann, Nationalsozialer Katechismus (Berl. 1896); Wenck, Die Geschichte der Nationalsozialen von 1895–1903 (das. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 445-446.
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