Nettelbeck

[536] Nettelbeck, Joachim, Schiffskapitän, geb. 20. Sept. 1738 in Kolberg, Sohn eines Brauers, gest. 29. Jan. 1824 in Kolberg, befuhr von seinem 15.–45. Jahre fast alle europäischen Meere, die westindischen Gewässer und die Küste von Guinea, machte sich bei den wiederholten Belagerungen seiner Vaterstadt im Siebenjährigen Krieg als Bürgeradjutant verdient und stand 1770 kurze Zeit in preußischen Seediensten. 1783 ließ er sich in Kolberg als Branntweinbrenner nieder und war bis 1809 Bürgerrepräsentant der Stadt. Als die Franzosen 1806 Kolberg angriffen, verhinderte er an der Spitze der Bürgerschaft und in Verbindung mit seinem Freunde Schill durch seinen Einfluß auf den Festungskommandanten, Obersten v. Loucadou, den Fall des Platzes. Auf sein schriftliches Gesuch beim König erhielt die Stadt einen neuen, tüchtigen Befehlshaber, den Major Gneisenau, dem N. als Bürgeradjutant zur Seite trat. In dieser Stellung leitete er die Überschwemmungen, das Löschwesen, die Verproviantierung der Truppen und erhielt die Eintracht zwischen der Bürgerschaft und der Besatzung sowie den Mut und die Ausdauer beider. Nachdem infolge des Abschlusses des Waffenstillstandes in Tilsit die Belagerung aufgehoben war, ehrte ihn sein König unter anderm durch Erteilung der Erlaubnis, die preußische Marineuniform zu tragen, und 1817 bewilligte er ihm eine lebenslängliche Pension von 200 Tlr. Seine sehr interessante Lebensbeschreibung, von ihm selbst ausgezeichnet, gab Haken (Leipz. 1821–23, 3 Bde.; 4. Aufl. 1878, 2 Tle.), Mendheim (in Reclams Universal-Bibliothek), in gekürzter Fassung O. Zimmermann (Leipz. 1906) heraus. 1903 ward in Kolberg ein Gneisenau-Nettelbeck-Denkmal (von Georg Mayer) errichtet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 536.
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