Pillersdorf

[877] Pillersdorf, Franz, Freiherr von, österreich. Staatsmann, geb. 1786 in Brünn, gest. 22. Febr. 1862, studierte in Wien Staats- und Rechtswissenschaft, begann seine Beamtenlaufbahn 1805 in Galizien, kam 1807 als Offizial in den Staatsrat nach Wien und arbeitete an der Seite des Staatsrates und spätern Armeeministers Baldacci, kam mit diesem nach Frankreich und England, diente sodann in der Hofkammer unter Graf Philipp Stadion, ward 1824 Vizepräsident und 1842 Kanzler der vereinigten Hofkanzlei. 1848 ward P., dessen Opposition gegen das herrschende System bekannt war, 20. März zum Minister des Innern, 4. Mai zum Ministerpräsidenten ernannt. Aber der milde, edle Mann war nicht energisch genug, um der Bewegung Halt zu gebieten; die von ihm ausgearbeitete Verfassung genügte den maßlosen Ansprüchen nicht, und ein Beschluß der Bürger, Nationalgarde und Studenten in Wien bewirkte 8. Juli seinen Sturz. Er wurde darauf zum Mitgliede des am 18. Juli eröffneten österreichischen Reichstags gewählt, wo er im liberalen Zentrum Platz nahm; nach dessen Auflösung fiel er in Ungnade und wurde 1852 aus der Reihe der Wirklichen Geheimen Räte gestrichen. Im April 1861 in den österreichischen Reichsrat gewählt, erhielt er kurz vor seinem Tode seine Ehrenrechte und Würden wieder. Er schrieb: »Rückblicke auf die politische Bewegung in Österreich 1848 bis 1849« (Wien 1849), gegen die M (atthias) K (och) das Pamphlet »P. und die Wahrheit« (das. 1849) erscheinen ließ; ferner: »Die österreichischen Finanzen beleuchtet« (1.–3. Aufl., das. 1851). Sein »Handschriftlicher Nachlaß« erschien Wien 1863. Vgl. v. Helfert, Casati und P. und die Anfänge der italienischen Einheitsbewegung (Wien 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 877.
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