Piombo

[895] Piombo, Sebastiano del, eigentlich Luciani, ital. Maler, geb. um 1485 in Venedig, gest. 21. Juni 1547 in Rom, ward Schüler Giov. Bellinis, bildete sich aber auch unter dem Einfluß Giorgiones. Aus dieser Zeit stammt das Hochaltarbild in San Giovanni Crisostomo zu Venedig mit der Figur des schreibenden Heiligen. Um 1511 ging er nach Rom. Nachdem er hier seine Tätigkeit durch Mitwirkung an der Ausschmückung der Farnesina mit mythologischen Szenen begonnen, schloß er sich an Michelangelo an, dessen gewaltige Formengebung er mit venezianischem Kolorit zu verschmelzen suchte. Michelangelo nahm sich seiner an und unterstützte ihn in seinem Wetteifer mit Raffael, dessen Transfiguration P. die Auferweckung des Lazarus (1519, jetzt in der Nationalgalerie zu London) gegenüberstellte, in der Tat eine hervorragende Schöpfung und sein Meisterwerk. An diesem Werke hatte Michelangelo einige Teile gezeichnet, für Piombos Wandmalereien in San Pietro in Montorio sogar den ganzen Entwurf geliefert. Von seinen übrigen Werken sind zu nennen: das Bildnis des Papstes Clemens VII. im Museum zu Neapel, das des Andrea Doria im Palazzo Doria zu Rom, der Märtyrertod der heil. Apollonia (1520, im Palazzo Pitti zu Florenz), eine Madonna, das schlafende Kind aufdeckend, unvollendet, im Museum zu Neapel, die Heimsuchung Mariä im Louvre zu Paris, das Bild des Kardinals Polus in der Eremitage zu Petersburg, eine Pieta im Berliner Museum. Das Hervorragendste leistete P. im Bildnis und in weiblichen Halbfiguren, von denen einige, z. B. die sogen. Fornarina in den Uffizien zu Florenz und die junge Frau mit den Attributen der heil. Dorothea im Berliner Museum, ebenso wie ein männliches (der von A. de Rothschild in Paris aus der Sammlung Sciarra erworbene Geiger), lange Zeit für Arbeiten Raffaels galten. P. verlebte die größere Zeit seines Lebens in Rom (nur 1527–28 war er wieder in Venedig), und es tragen auch die meisten seiner Gemälde den Charakter der florentinisch-römischen Schule. Die Farbenglut seiner Bilder zeigt zwar den Venezianer, doch unterscheidet sich sein Kolorit von dem andrer Venezianer durch breite Lichter und eine mehr ins Ockerfarbige als Rote fallende Mischung aus. Er liebte den überlebensgroßen Maßstab; auch malte er gern auf Schieferstein. In der letzten Zeit seines Lebens vom Papst Clemens VII. mit der Stelle eines päpstlichen Siegelbewahrers (Frate del Piombo), worauf sein Beiname anspielt, betraut, widmete sich P. fortan vorwiegend der Dichtkunst. Vgl. Milanesi, Les correspondants de Michel Auge, Bd. 1: Sebastiano del P. (ital. Text mit franz. Übersetzung, Par. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 895.
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