Polaben

[71] Polaben (»Elbanwohner«), Elbslawen, ein ausgestorbener slawischer Volksstamm, der Lauenburg und das westliche Mecklenburg bewohnte. Im weitern Sinne bezeichnete man früher allgemein mit dem Ausdruck P. alle slawischen Stämme, die einst in Norddeutschland westwärts von der Oder, dem Bober und dem Erzgebirge bis an die Elbe und Saale und darüber hinaus ansässig waren. Nachdem aber infolge der Untersuchung der uns von diesen Slawen erhaltenen Sprachreste, namentlich durch Schleicher in seiner »Laut- und Formenlehre der polabischen Sprache« (Petersb. 1871), erwiesen ist, daß die südlich von Havel und Spree wohnhaften Slawen Sorben gewesen sind, d. h. zu dem slawischen Stamme gehört haben, von dem sich in den Lausitzer Wenden ein Rest bis auf den heutigen Tag erhalten hat, muß der Ausdruck P. (im weitern Sinn) auf die nördlich von Havel und Spree bis an die Ostsee wohnenden Slawen beschränkt werden. Dieselben gehören zur lechischen (polnischen) Abteilung der Slawen; am nächsten verwandt ist ihrer Sprache die Sprache der Kassuben (s. d.). Der bekannteste polabische Stamm sind die Bodrizen oder Obotriten, zwischen der Mündung der Trave und Warnow. Die vorhandenen polabischen Sprachreste sind zusammengestellt von Pfuhl in Band 16 und 17 des »Casopis towarstwa macicy serbskeje« (Bautzen 1863–1864); am längsten (bis in den Anfang des 18. Jahrh.) hielt sich das Polabische im westlichsten Teile des Sprachgebiets, nämlich in der Gegend zu beiden Seiten der Jeetze, dem sogen. hannoverschen Wendlande. Vgl. Tetzner, Die Slawen in Deutschland (Braunschw. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 71.
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