Quecksilberlegierungen

[506] Quecksilberlegierungen (Amalgame), Verbindungen und Mischungen von Quecksilber mit andern Metallen, sind bei vorwaltendem Quecksilbergehalt flüssig und enthalten dann oft quecksilberärmere starre Verbindungen gelöst, die kristallisieren und durch mechanische Mittel beinahe vollständig abgeschieden werden können. Bei manchen Metallen erfolgt die Verbindung mit Quecksilber unter Temperaturerhöhung, bei andern unter Temperaturerniedrigung. Kalium, Natrium, Lithium, Magnesium, Zink, Zinn, Blei, Wismut, Silber, Gold, Aluminium, Antimon verbinden sich bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur[506] direkt mit Quecksilber; auch entstehen Amalgame, wenn man Quecksilber zu der Lösung eines Metallsalzes setzt, und von andern Metallen erhält man Amalgame durch Übergießen von Natriumamalgam, das 1 Proz. Natrium enthält, mit der Lösung des Chlorürs dieser Metalle. Beim Erhitzen zersetzen sich die Q. unter Verflüchtigung des Quecksilbers, manche Metalle aber halten einen Teil des letztern sehr hartnäckig zurück. Kalium- und Natriumamalgam entstehen unter starker Wärmeentwickelung, wenn man das Metall in Quecksilber einträgt. Sie sind starr, wenn sie auf 1 Teil Kalium weniger als 70 und auf 1 Teil Natrium weniger als 80 Teile Quecksilber enthalten, sonst aber flüssig. Zehnprozentiges Natriumamalgam ist sehr hart und ziemlich strengflüssig. Viele Verbindungen von Quecksilber mit Kalium, bez. Natrium sind kristallisiert erhalten worden. Sie zersetzen sich an feuchter Luft und unter Wasser. Natriumamalgam wird bei der Gewinnung des Goldes benutzt, weil natriumhaltiges Quecksilber Gold viel leichter aufnimmt als reines, außerdem als Reduktionsmittel. Über Ammoniumamalgam s. Ammonium. Wismutamalgam ist sehr dünnflüssig und macht auch andre Amalgame dünnflüssig. Ein Amalgam aus 100 Quecksilber, 175 Zinn, 310 Blei, 500 Wismut ist bei 70,5° flüssig, erstarrt bei 60° und dient zum Ausspritzen anatomischer Präparate. Bleiamalgam entsteht beim Verreiben von Bleifeilspänen mit Quecksilber und beim Eingießen von Quecksilber in geschmolzenes Blei. Zinkamalgam, aus geschmolzenem Zink und Quecksilber oder durch Verreiben von 1 Zinkfeile, 4 Quecksilberchlorid, 2 Wasser und einigen Tropfen Quecksilber erhalten, dient zum falschen Vergolden von Kupfer, das sich oberflächlich in Messing verwandelt, wenn man es mit dem Amalgam, Weinstein und Salzsäure kocht. Zinnamalgam, aus Stanniol und Quecksilber erhalten, dient zum Belegen der Spiegel und als Zahnkitt; auch Kadmium- und Zinnkadiniumamalgame wurden als Zahnkitt benutzt. Hohlkugeln aus Glas, die auf der Innenfläche eine spiegelnde Belegung erhalten sollen, schwenkt man mit einem Amalgam aus gleichen Teilen Zinn, Blei, Wismut und dem neunfachen Gewicht Quecksilber oder mit einem Amalgam aus 4 Zinn und 1 Quecksilber aus. Kienmayers Amalgam für die Reibekissen der Elektrisiermaschinen besteht aus 1 Zinn, 1 Zink, 2 Quecksilber. Zu demselben Zweck dienen auch Amalgame aus 1 Zink und 4–5 Quecksilber oder aus 1 Zinn, 2 Quecksilber oder aus 8 Wismut, 5 Blei, 3 Zinn, 7–8 Quecksilber. Fein zerriebenes Zinnwismutamalgam ist das Musivsilber. Gold- und Silberamalgame dienen zur Feuervergoldung und Feuerversilberung; auch stellt man sie zur Gold- und Silbergewinnung dar, indem man das gediegene Gold durch Quecksilber sammelt oder die vorbereiteten Silbererze mit Quecksilber »anquickt« (s. Gold, S. 85, und Silber). Silberamalgam (s. d.) findet sich auch als Mineral. Kupferamalgam erhält man aus Kupferpulver, das mit salpetersaurem Quecksilberoxydul befeuchtet und dann unter Wasser mit dem erforderlichen Quecksilber zusammengeknetet wird. Es diente früher als Zahnkitt, als Kitt für Glas und Porzellan, auch zu Abdrücken von Gravierungen. Aluminiumamalgam, das durch direkte Vereinigung von Quecksilber mit Aluminium erhalten werden kann und sich besonders leicht bildet, wenn das Aluminium mit einer Lösung von ätzenden Alkalien befeuchtet ist, bedeckt sich in feuchter Luft sehr schnell mit Auswitterungen von Tonerde, zersetzt Wasser und wird als kräftiges Reduktionsmittel bei der Darstellung organischer Präparate benutzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 506-507.
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