Sappho

[599] Sappho (spr. sasso), die größte Dichterin des Altertums, aus Eresos auf Lesbos, jüngere Zeitgenossin des Alkäos, um 600 v. Chr. Von ihren Lebensverhältnissen ist wenig bekannt. Eine Zeitlang lebte sie, aus Lesbos infolge politischer Wirren flüchtig, in Sizilien, später zu Mytilene im Kreise junger Freundinnen (darunter die Dichterin Erinna, s. d.), die bei ihr das Musenhandwerk lernten. Trotzdem sie nach den in ihren Gedichten ausgesprochenen Grundsätzen und glaubwürdigen Zeugnissen des Altertums eine Frau von reinem und strengem Wandel war, hat spätere Schmähsucht diesem dem Umgang des Sokrates mit begabten und schönen Jünglingen vergleichbaren Verhältnis eine unsittliche Deutung gegeben. Fabel ist auch das Liebesverhältnis zu dem[599] schönen Schiffer Phaon (von Grillparzer als Vorwurf seiner Tragödie »S.« benutzt); sie sollte sich, von ihm verschmäht und verlassen, vom Leukadischen Felsen ins Meer gestürzt haben. Vgl. Welcker, S. von einem herrschenden Vorurteil befreit (»Kleine Schriften«, Bd. 2). Ihr Bild erscheint auf Münzen von Mytilene; von einer berühmten Erzstatue des Silanion sind Kopien in Marmor und Ton vorhanden. Unter ihren im äolischen Dialekt abgefaßten Gedichten waren die Epithalamien und Hymnen die berühmtesten. Der Grundton ihrer Lieder war glühende Innigkeit der Empfindung, verbunden mit Anmut und Wohllaut der Sprache und Weichheit der Rhythmen. Außer Fragmenten besitzen wir von ihr noch zwei Gedichte, einen Hymnus an Aphrodite und eine Ode an ein schönes Mädchen. Sammlung der Überreste bei BergkPoetae lyrici graeci«, Bd. 3, und »Anthologia lyrica«, 5. Aufl., Leipz. 1907); Übersetzungen von Hartung (»Griechische Lyriker«, Bd. 7, Leipz. 1857), teilweise auch von Geibel (»Klassisches Liederbuch«, 7. Aufl., Stuttg. 1906). Vgl. Köchly, Über S. (»Akademische Vorträge und Reden«, Zür. 1859); Schöne, Untersuchungen über das Leben der S. (in den »Symbola philologorum Bonnensium«, Leipz. 1867); Johnson, S., the Lesbian (Lond. 1900); Morel, S. de Lesbos (Par. 1903); Brandt, S., ein Lebensbild etc. (Leipz. 1905); Steiner, Sappho (Jena 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 599-600.
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