Schimpanse

[805] Schimpanse (Chimpanze, Simia troglodytes Blumenb., Troglodytes niger Geoffr., s. Tafel »Affen I«, Fig. 2), anthropomorpher Affe, 1,3–1,7 m hoch, mit verhältnismäßig großem, rundem, glattem Kopf, ziemlich breitem, flachem Gesicht, wenig vorgezogener, breiter Schnauze, schmalen, weit vorstreckbaren Lippen, kleiner, flacher Nase, deutlich vorstehenden Augenbrauenbogen, kahlen Ohren, bis fast auf den Knöchel herabreichendem Arm und mittelgroßer, schmaler Hand mit sehr beweglicher Daumenzehe. Der Rumpf ist kürzer als beim Gorilla. Das schwarze Haar ist ziemlich dicht, am Hinterkopf, an Wangen, Schultern, am Rücken und an den Gliedmaßen verlängert. Sein Kinn ist dünn weiß behaart, das Gesicht nackt, graugelb, zwischen den Augen dunkler, Hände und Füße sind braun, die Weichengegend ist nur sehr dünn[805] behaart. Der S. findet sich in Afrika zwischen 10 und 12° nördl. und südl. Br. und verbreitet sich weit in das Innere hinein; er lebt in Wäldern in Paaren oder Familien und baut für seine Jungen große Nester auf Bäumen. Er kann nicht ganz gerade stehen und fällt bei schneller Bewegung sofort auf alle viere, wobei der Leib auf den Knöcheln ruht. Er klettert und springt sehr gewandt, nährt sich von Früchten, Blattschößlingen, Wurzeln, frißt aber auch Insekten, Vögel, Eier, Ratten etc. Sind ihrer mehrere beisammen, so machen sie morgens und abends, auch in der Nacht, einen wüsten Lärm. Er greift den Menschen, wie es scheint, nicht an, weiß sich aber kräftig zu wehren. Die Schimpansen halten sich nur selten einige Jahre in der Gefangenschaft und sterben gewöhnlich an Lungenschwindsucht. Daß der S. den Alten bekannt gewesen sei, will man aus der Darstellung auf dem Mosaikbild aus dem Tempel der Fortuna in Präneste schließen. In der neuern Zeit wird er von vielen Schriftstellern erwähnt, und seit der ersten Hälfte des 17. Jahrh. kam er lebend nach Europa. Tulp gab 1641 die erste Beschreibung eines solchen und Tyson 1699 die erste anatomische Zergliederung. Sie erweisen sich der Erziehung sehr zugänglich, besonders jüngere Tiere lernen allerlei Verrichtungen, zeigen sich sanft, klug und liebenswürdig, dabei wißbegierig, aber auch listig und eigenwillig, stets rege und tätig, meist heiter, neckisch, zu allerlei Streichen und Unternehmungen bereit. In Westafrika wird der S. von den Eingebornen gegessen, obgleich sie ihn für ein verstoßenes und herabgekommenes Mitglied ihres eignen Stammes halten. Nach Färbung und Verschiedenheiten des Schädels hat man mehrere Arten oder Abarten unterschieden, deren Stellung aber noch keineswegs sicher ermittelt ist. Hierher gehört der Tschego (Troglodytes Tschego Duc.), der vielleicht die Größe des Gorillas erreicht. Der verhältnismäßig kleine Kopf mit starken Augenbrauenwülsten und großen, abstehenden Ohren ruht auf kurzem Hals zwischen sehr breiten Schultern, die Dimensionen des Rumpfes und der Extremitäten weichen eigentümlich ab, die Hände sind schlank und schmal. Das Haar ist schwarz. Ein Tschego kam von der Loangoküste 1874 nach Dresden, zeigte in seinem Wesen viel Ähnlichkeit mit dem Schimpansen, wuchs aber viel schneller als dieser. Vgl. Sperino, Anatomia del Cimpanzè (Turin 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 805-806.
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