Gorilla

[137] Gorilla (Gorilla gorilla Wymann, Troglodytes Gorilla Sav., Gorilla gina Geoffr., s. Tafel »Affen II«, Fig. 1), der größte der menschenähnlichen Affen (Anthropomorphen), wird 2 m hoch, hat einen mächtigen Kopf mit hohem Scheitel- und Hinterhauptskamm und stark hervorragendem Gesichtsteil, ziemlich kleine Ohren und Augen, letztere überdacht von mächtigen Wülsten, breite, sehr flache, stumpfspitzige Nase, kräftiges Gebiß mit scharfen Eckzähnen und wulstigen Hautpartien, die das einen wild tierischen Ausdruck zeigende Gesicht einrahmen. Am Rumpf und an den Gliedern tritt die herkulisch entwickelte Muskulatur hervor; die mächtigen Arme, in allen Teilen gleichmäßig stark, sind verhältnismäßig nicht viel länger als beim Menschen, die Hände groß und breit mit kurzem Daumen. Die Oberschenkel sind abgeflacht, aber doch stark und muskelreich, an den Unterschenkeln zeigt sich mehr Wadenbildung als beim Schimpansen und Orang-Utan. An dem langen, breiten Fuß ist die große Zehe wie ein Daumen beweglich. Das Weibchen ist viel kleiner als das Männchen und schmächtiger gebaut, auch fehlen die Kämme am Kopf, und die Wülste über den Augen sind weniger stark entwickelt. Bei den Jungen hat der Kopf etwas unverkennbar Menschenähnliches. Die Haut des G. ist runzelig, tief schwarz, die Behaarung nicht sehr dicht, besonders spärlich an der Brust und Bauch, an der Innenseite der Gliedmaßen, auf Fuß- und Handrücken. Gesicht, Handteller und Fußsohlen sind kahl. Gewölbte, breite Nägel decken Finger- und Zehenspitzen. Die Behaarung ist auf dem Scheitel braunrot, sonst fahlgrau bräunlich und schwarzbraun meliert, an den Unterarmen und Unterschenkeln schwärzlichbraun. Der G. lebt in den dichten, feuchten Küstenwäldern der westafrikanischen Tropenwelt, etwa zwischen dem Äquator und dem 5.° südl. Br. (s. Tafel »Äthiopische Fauna«, Fig. 1). Hier führt er hauptsächlich ein Baumleben. Er klettert geschickt, nährt sich von Früchten, Eiern, Vögeln und bestiehlt auch die Yams-, Maniok-, Zuckerrohr- und Sorghumfelder. Er bildet Gemeinschaften von 1–3 Familien und wechselt öfters den Aufenthalt. Etwa 2 m über der Erde baut er sich ein Nachtlager auf starken Asten aus Knüppeln, Laub und Moos, das er aber höchstens drei- bis viermal benutzt. Auf der Erde läuft er gewöhnlich auf allen vieren. Er flieht beim geringsten Geräusch, angeschossen und in die Enge getrieben, verteidigt er sich aber mit großer Energie und bringt den Jäger durch sein furchtbares Gebiß und seine riesige Muskelkraft in große Gefahr. Junge Gorillas sind pis jetzt nur selten lebend nach Europa gebracht worden, das Berliner Exemplar erwies sich als höchst intelligent und freundlicher Behandlung überaus zugänglich, aber viel ernsthafter als junge Schimpansen. Die ersten Nachrichten über den G. gab Battel im 16. Jahrh. Genaueres wurde nach 1840 durch Wilson, Savage und Ford bekannt. Die Nachricht des karthagischen Seefahrers Hanno über die von ihm und seiner Mannschaft bei Sierra Leone bekämpften Gorilloi bezieht sich auf den Schimpansen. Ein junger G. erschien zuerst 1861 in Wombwells Reisemenagerie, einen zweiten brachte Falkenstein 1876 ins Berliner Aquarium, wo er länger als ein Jahr gelebt hat. Eine andre Art, G. Beringei Matschie, wurde zwischen dem Kivu- und Albert Edward-See entdeckt. Vgl. Hartmann, Der G. (Leipz. 1879).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 137.
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