Schutzgemeinschaften der Tiere

[90] Schutzgemeinschaften der Tiere, Vereinigungen zahlreicher gleichartiger Tiere in Herden, die durch die Alttiere bewacht werden, um gemeinsam den meist einzeln jagenden Raubtieren besser zu widerstehen, finden sich besonders bei Huftieren und Affen, auch bei vielen Vögeln. Bisweilen begeben sich fremde Tiere in den Schutz andrer Tiere, z. B. kleine Fische, die in Scharen größere Wurzelquallen umschwärmen und begleiten, weil diese durch ihre Nesselorgane Raubtiere abschrecken. In den Nestern der Ameisen leben häufig andre Insekten, besonders Käfer, welche »Ameisengäste« sich sogar in Gestalt und Färbung den Ameisen anzupassen vermögen und ihnen ähnlich werden. Auch unter die Züge der gefürchteten Besuchs- und Wanderameisen mischen sich mannigfach andre Tiere, um deren Schutz zu genießen, wie auch Wandervögel meist fremde Begleiter in ihrer Schar haben. Ebenso leben zahlreiche Fische, Würmer und Schnecken im Innern von Seerosen, Medusen, Holothurien und Muscheln, ohne als Schmarotzer gelten zu können, wie sie denn auch vielfach dieses gastliche Heim verlassen und wechseln. Hirten- und Wehrvögel werfen sich zu Schutzherren gemischter Tiergesellschaften auf, die sie nicht nur durch ihre Schreie warnen, sondern im Angriffsfall verteidigen. Hierher gehören der Aniuma (Palamedea cornuta), die Trompetervögel (Psophia-Arten) und besonders der Agami (Psophia crepitans), der sich ganz freiwillig auf den Niederlassungen am Amazonas einfindet und den Schutz des Hausgeflügels übernimmt. Ähnlich verhalten sich die Chaja- oder Schopfwehrvögel Paraguays (Chauna-Arten), und selbst unser Kranich teilt diese Neigung. In gewissem Sinne kann man hierher auch die kleinen Vögel rechnen, die den Viehherden das Ungeziefer vom Rücken lesen und den Krokodilen den Rachen säubern. Vgl. Symbiose.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 90.
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