Sommer- und Winterkleid der Tiere

[594] Sommer- und Winterkleid der Tiere. Außer den Veränderungen, welche die Paarungszeit im Haarkleid der Säugetiere und im Gefieder der Vögel hervorruft, treten auch jahreszeitliche Veränderungen der Hautgebilde ein, die beide Geschlechter betreffen, während das Hochzeitskleid (s. d.) nur bei dem einen Geschlecht, gewöhnlich dem männlichen, stärkere Umbildungen erfährt. Bei den Säugetieren wird der Pelz im Winter dichter und die Haare länger, im Sommer dünn er und kürzer, und es zeigt sich bei den Haustieren, daß die Jungen im Winter mit dichterm Fell geboren werden. Bei vielen Tieren bemerkt man im Winter, namentlich in nordischen Ländern, eine Aufhellung der Farbe. Das Reh hat z. B. im Norden ein rotes Sommer- und ein graulichweißes Winterkleid, und in Nordeuropa und Asien bemerkt man nach Pallas solche Aufhellungen auch beim Hauspferd und Dschiggetai, der Hauskuh, dem Elch, Renn- und Moschustier, beim Wolf, bei zwei Marderarten u. a. Mehrere Tiere, die im Sommer ein dunkleres oder geschecktes Fell tragen, wie Hermelin, Polar- und Alpenhase, Polarfuchs, Schneehühner und andre Vögel, bekommen in Ländern und Regionen, wo die Schneedecke im Winter längere Zeit ausdauert, ein weißes Winterkleid, während es in Ländern, in denen der Winterschnee keine regelmäßige und dauernde Erscheinung ist, nur bei einer gewissen Anzahl der Artangehörigen auftritt. So bleiben in Irland rein weiße Schneehasen in der Minderzahl, obwohl sie alle im Winter heller werden. Das weiße Winterkleid vieler Polartiere erscheint als Schutzanpassung zum bessern Verbergen auf dem weißen Hintergrund und ist vielleicht zugleich ein Jahreszeitenrückschlag auf die vorherrschend weiße Farbe der Eiszeittierwelt. Weniger wahrscheinlich ist die versuchte Deutung als Kälteschutz infolge einer geringern Ausstrahlung der Eigenwärme bei weißem Fell und Gefieder, denn bei Insekten (Schmetterlingen) beobachtet man im Gegenteil ein Dunklerwerden der Hochalpen- und Polarformen sowie der Winterbruten. Die drei Schneehühnerarten der Alëuten bekommen genau zur Zeit der Schneeschmelze in den verschiedenen von ihnen bewohnten Regionen ihr braunes Sommerkleid.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 594.
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