Schwägerschaft

[100] Schwägerschaft (oder Affinität), das Verhältnis des einen Ehegatten zu den Verwandten des andern. Mit den Verwandten seines Gatten ist jeder von beiden Ehegatten »verschwägert«, während die Verwandten des einen Ehegatten selbst zu den Verwandten des andern Ehegatten in keinerlei Familienverhältnis stehen, wenn man auch ihr Verhältnis im gewöhnlichen Leben nicht selten ebenfalls als S. zu bezeichnen pflegt. In Ansehung der eigentlichen S. ist zu unterscheiden: 1) Die sogen. Stiefverwandtschaft, das Verhältnis zwischen dem einen Ehegatten und den Deszendenten des andern Gatten, die nicht[100] zugleich auch Deszendenten des erstern sind. Das Kind meiner Frau, das nicht auch zugleich mein leibliches Kind ist, mein Stiefkind, ist mit mir nur verschwägert, nicht verwandt. 2) Die sogen. Schwiegerverwandtschaft, das Verhältnis des einen Ehegatten (des Schwiegersohnes oder der Schwiegertochter) zu den Aszendenten (dem Schwiegervater oder der Schwiegermutter) des andern Ehegatten. 3) S. im engern Sinne, das Verhältnis eines Ehegatten zu den Seitenverwandten des andern, namentlich zu dessen Geschwistern. Der Bruder meiner Frau ist mein Schwager, ihre Schwester meine Schwägerin (nicht aber auch die Ehefrau jenes meine Schwägerin oder der Ehemann dieser mein Schwager). Die Linie und der Grad der S. bestimmt sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft (§ 1590, Abs. 1, des Bürgerlichen Gesetzbuches). In demselben Grade nämlich, in dem eine Person mit dem einen Ehegatten verwandt ist, ist sie mit dem andern Ehegatten verschwägert. Die S. dauert auch nach Auflösung (Tod, Scheidung etc.) der Ehe, durch die sie begründet wurde, noch fort (§ 1590, Abs. 2). Die rechtliche Bedeutung der S. ist der Verwandtschaft gegenüber eine untergeordnete, indem die S. namentlich für das Erbrecht und ebenso für das Vormundschaftsrecht ohne Einfluß ist. Dagegen ist Eheschließung zwischen Verschwägerten in gerader Linie, also z. B. zwischen einem Witwer und der Schwiegermutter, nach § 1310, Abs. 1, verboten, nicht aber zwischen dem Witwer und seiner Schwägerin. Nach der Zivilprozeßordnung, der Strafprozeßordnung und einigen andern Reichsgesetzen berechtigt S. zur Zeugnisverweigerung, schließt den Richter oder Gerichtsvollzieher von der Ausübung seines Amtes aus, macht zur Mitwirkung bei gewissen Rechtsgeschäften unfähig und berechtigt zur Anfechtung gewisser Verträge. – In Österreich ist S. in viel weiterm Umfang Ehehindernis, da hier einem Ehegatten die Ehe mit all denen untersagt ist, die der andre nicht heiraten durfte. – In England besteht, trotzdem das Unterhaus dafür wiederholt eingetreten ist, infolge des Widerstandes des Oberhauses heute noch das Eheverbot.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 100-101.
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