Simonĭdes

[481] Simonĭdes (Semonides), 1) S. von Amorgos, griech. Jambograph, aus Samos, führte um 640 v. Chr. eine samische Kolonie nach Amorgos. Von den erhaltenen zwei längern Bruchstücken schildert das eine pessimistisch das schlimme Los der Menschen, das andre leitet die verschiedenen schlechten Eigenschaften der Weiber satirisch aus den Charaktereigenheiten von Tieren her (hrsg. in Bergks »Poetae lyrici graeci«, Bd. 2).

2) S. von Keos, einer der gefeiertsten griech. Lyriker, aus Julis auf der Insel Keos, um 556–468 v. Chr., lebte, von dem Peisistratiden Hipparch nach Athen gezogen, dort hoch angesehen bis zu dessen Tode (514) und hielt sich dann in Thessalien an den Höfen der Aleuaden und Skopaden auf. Auf der Höhe seines Ruhmes stand er in der Zeit der Perserkriege, deren Helden und Taten er besang. Auch mit Themistokles war er befreundet. Seine letzten Lebensjahre brachte er bei Hieron von Syrakus und Theron von Agrigent in Sizilien zu. S. bewegte sich in den verschiedenen Arten der Lyrik mit gleicher Meisterschaft. Am berühmtesten waren seine Epigramme, von denen wir noch einige besitzen, Elegien und Trauerlieder (threnoi), außerdem schrieb er Siegeslieder, Dithyramben, Hymnen, Päane u. a. Die erhaltenen Bruchstücke zeigen große Kunst der Stimmungsmalerei, daneben geistreiche Anmut und eine gewählte Sprache. Von der hohen Schätzung der Zeitgenossen zeugt, daß er 56 Siege in dichterischen Wettkämpfen gewann. Zum Vorwurf machte man ihm, daß er die Gunst der Mächtigen und Reichen suchte und seine Kunst auf Bestellung und um Lohn ohne Rücksicht auf wahres Verdienst übte. Neben seinen andern Gaben besaß er auch bis ins hohe Alter eine wunderbare Gedächtniskraft, daher man ihm die Erfindung der Gedächtniskunst, der sogen. Mnemonik, zuschrieb. Sammlung der Überreste seiner Gedichte in Bergks »Poetae lyrici graeci«, Bd. 3; Übersetzungen von Hartung (»Griechische Lyriker«, Bd. 6, Leipz. 1857) und Seidenadel (Bruchsal 1861).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 481.
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