Sonnīno, Sidney

[611] Sonnīno, Sidney, Baron, ital. Staatsmann, geb. 11. März 1847 in Florenz als Sohn eines begüterten jüdischen Italieners und einer protestantischen Engländerin, zu deren Glauben er übergetreten ist, studierte die Rechte, trat in den diplomatischen Dienst, war Attaché in Madrid, Wien, Berlin und Versailles, schied aber 1871 aus dem Dienst und widmete sich staatswissenschaftlichen Studien, aus denen das wertvolle, gemeinsam mit L. Franchetti bearbeitete Werk »La Sicilia nel 1878« (Flor. 1877, 2 Bde.; deutsch, Dresd. 1906) hervorging. Mit Franchetti gründete er 1877 die »Rassegna settimanale«, die bis 1882 bestand. Schon 1880 ward S. in die Deputiertenkammer gewählt, wo er sich anfangs dem linken Zentrum anschloß. Nachdem er 1887–89 unter Crispi Unterstaatssekretär des Schatzes gewesen war, übernahm er 1893 die Führung einer Gruppe seiner Partei und trat im Dezember d. J. als Finanz- und Schatzminister in das Kabinett Crispi ein. Das Finanzministerium gab er im Sommer 1894 ab, behielt aber die Schatzverwaltung bis zum Sturz Crispis im März 1896. Als Minister erwarb er sich um die Ordnung des italienischen Staatshaushaltes und die Beseitigung des chronischen Defizits, an dem dieser litt, die größten Verdienste und die Achtung auch der politischen Gegner. Im Februar 1906 mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt, übernahm er selbst den Vorsitz und das Innere, mußte aber schon im Mai d. J. zurücktreten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 611.
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